Neues Gesetz: Einheitliche Regelung zur Ortsabwesenheit bei Hartz IV

Hartz 4-Empfänger dürfen sich höchstens drei Wochen pro Jahr von ihrem Wohnort entfernen. Die meisten Menschen im Leistungsbezug halten das für die derzeit gültige Rechtslage und richten sich danach. Mancherorts wird das bestehende Gesetz zur Ortsabwesenheit allerdings variabler ausgelegt. Manche Jobcenter nahmen Personen in Elternzeit und Aufstocker von der Anwesenheitspflicht aus. Auch ist nicht eindeutig geregelt, wann Leistungsempfänger überhaupt als abwesend gelten.

Für diese Ungleichbehandlungen sind allerdings nicht Fehler bei den einzelnen Jobcentern verantwortlich, sondern sie entstehen durch die derzeitige unklare Rechtslage. Der Bundestag forderte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf, bis kommenden Freitag eindeutige Regelungen zu Ortsabwesenheiten vorzulegen.

Keine einheitliche Entscheidungspraxis zu Ortsabwesenheiten

Derzeit wird für die Entscheidung über Ortsabwesenheiten eine alte Version von § 7 Abs. 4a SGB II angewandt. Bei der konkreten Ausgestaltung orientiert man sich an Regelungen, die die Bundesagentur für Arbeit für ALG I-Empfänger erlassen hat. Für diese Praxis sollte es eigentlich 2011 schon eine andere Lösung geben. Denn weil die Regelung nicht auf den Personenkreis der Hartz IV-Empfänger zugeschnitten ist, bringt sie einige Probleme mit sich.

Hartz IV-Bezieher befinden sich zum Teil in besonderen Situationen, die die Bundesagentur bei ihrer Regelung naturgemäß nicht berücksichtigt hat. Außerdem sind nur Jobcenter durch sie gebunden, die in gemeinsamer Trägerschaft von Bund und Kommunen betrieben werden. Das führt dazu, dass für Leistungsempfänger je nach Wohnort unterschiedliche Regelungen gelten.

Die Unklarheiten betreffen besonders folgende Bereiche:

  • Unter welchen Umständen dürfen Leistungsempfänger auch länger als drei Wochen abwesend sein?
    Im Moment bestehen manche Jobcenter auch für Nichterwerbsfähige auf einer Abwesenheit von höchstens drei Wochen pro Jahr, andere bewilligten Personen in Elternzeit bis zu 17 Wochen.

  • Was ist der „zeit- und ortsnahe“ Bereich?
    Eine Abwesenheit aus diesem Bereich gilt als Ortsabwesenheit. Was das konkret bedeutet, ist auch hier Auslegungssache. Manche Jobcenter gehen von der Entfernung zum Wohnort des Leistungsempfängers aus, andere beziehen sich bei ihrer Berechnung auf die Entfernung zum zuständigen Jobcenter. Was in einer Großstadt kaum ins Gewicht fällt, kann für ALG II-Empfänger auf dem Land gravierende Unterschiede bedeuten.

  • Dürfen Aufstocker sich zeitlich unbegrenzt aus dem Nahbereich entfernen?
    ALG II-Aufstocker wurden in der Vergangenheit zum Teil ganz von der Erreichbarkeitsverordnung ausgenommen. Das führte dazu, dass beispielsweise Teilzeitbeschäftigte nicht mehr zur Vermittlung in Vollzeitbeschäftigung zur Verfügung standen, durch die sie ihren Hilfebedarf hätten beenden können.

Neues Gesetz liegt vor, gilt aber noch nicht

Der § 7 Abs. 4a SGB II in seiner neuen Fassung tritt allerdings erst in Kraft, wenn das BMAS eine Rechtsvorschrift erlässt, die ihn klarer ausgestaltet. Die neue Version des Paragrafen sieht beispielsweise vor, dass der „Jahresurlaub“ von höchstens drei Wochen für erwerbsfähige Leistungsempfänger gelten soll. Im Umkehrschluss heißt das, dass nichterwerbsfähige Leistungsempfänger davon ausgenommen sind. Für alle anderen Personengruppen wie Eltern in Elternzeit, Kranke, Kinder von Leistungsbeziehern usw. soll es dann eigene Regelungen geben.

Bundestag fordert eindeutige Rechtsvorschrift

Der Bundesrechnungshof hat schon 2018 auf die Probleme mit der bestehenden Rechtslage hingewiesen. Denn das Problem ist nicht nur die entstehende Ungleichbehandlung, sondern dem Staat entstehen auch vermeidbare Kosten.

Das Bundesministerium sah im vergangenen Jahr allerdings noch keinen Handlungsbedarf. Es teilte mit, man halte die bestehenden Regeln für ausreichend und verwies ansonsten an die Bundesagentur. Zunächst müsse dort eine geänderte Erreichbarkeitsverordnung erlassen werden, dann erst könne man eine eigene Rechtsvorschrift erlassen. Der Bundestag schloss sich jedoch der Auffassung des Bundesrechnungshofs an und verlangte in der Zwischenzeit, dass das BMAS eine eigene Vorschrift in Kraft setzt.

Zum einen sei die aktuelle Regelung nur als Übergangslösung gedacht gewesen, zum anderen müsse für ALG II-Empfänger gesondert entschieden werden. Bis zum 31.05.2019 soll nun eine Rechtsvorschrift vorgelegt werden, die für alle Jobcenter verbindlich ist.

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Geschrieben von: Dr. Philipp Hammerich

Er promovierte an der Universität Hamburg und arbeitet u.a. als Dozent und Gesellschafter für das juristische Repetitorium Hemmer sowie den Fachanwaltslehrgang und die Wirtschaftsprüferausbildung von econect. Als Mitgründer der Legal Tech Kanzlei rightmart und als Anwalt von hartz4widerspruch.de gibt er seine Einschätzung zu politischen und juristischen Entwicklungen im Bereich Bürgergeld.

13 Antworten auf „Neues Gesetz: Einheitliche Regelung zur Ortsabwesenheit bei Hartz IV“

  1. Hallo ich habe einen Auftrag bekommen für Fotos zu machen habe mich schnell und kurzfristig angemeldet und die neue Beraterin hat die Ortsabwesenheit nicht genehmigt ich bin Kleinunternehmer mit kleiner Hilfe vom Amt und bin bemüht jeden Euro selbst zu verdienen und bekomme solche Sachen vom Arbeitsamt in welche Richtung läuft unsere Wirtschaft soll ich lieber nichts machen

  2. Hallo,
    ich bin alleinerziehend in Elternzeit mit 1 jährigen Kind und beziehe aufstockend Hartz4. Verstehe ich es richtig, das ich dem Jobcenter meine Abwesenheit nicht mitteilen muss, da ich durch die Elternzeit dem Arbeitsmarkt eh nicht zur Verfügung stehe?
    Vielen Dank und beste Grüße

    1. Hallo Sarah,
      nein, das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten. Sie müssen das Jobcenter, wie alle anderen auch, über Ihre Abwesenheit informieren.
      Viele Grüße

  3. Hallo,
    Ich habe letzte Woche dem Jobcenter per Email mitgeteilt dass wir ab den 22.07 Ortsabwesend sein werden da mein Mann eine Vollzeitstelle hat und nun Anspruch auf sein Urlaub hat. Laut Vertrag 28 Tage.
    Nun ruft mich mein Vermittler an un fräse wie lange wir Ortsabwesend sein werden. Ich habe geantwortet bis zum 22.08. Da der Arbeitgeber nach dem er schon den Urlaub zugestimmt hatte nun auch ein Pflichturlaub bis zum 29.08 mitgeteilt hat.
    Das habe ich auch so den Vermittler mitgeteilt. Dann hat er gleich mit “Nein, das dürfen Sie nicht! Nur bis 3 Wochen stehen ihnen zu. Wenn Sie länger bleiben werden Ihre Leistungen gekürzt oder sogar komplett gestrichen!” Ich habe dann so geantwortet in dem ich erklärt habe dass ich ja 2 kleine Kinder habe und auch noch in Mutterschutz bin und auch dass mein Mann in Vollzeit arbeitet und dass ich überall im Internet auf Jobcenter Seiten gelesen habe dass wir das Recht auf eine längere Ortsabwesenheit haben.
    Dann hat er den Ton gewechselt und gemeint dass er sich später nochmals bei mir melden wurde nachdem er sich besser informiert..

    Können Sie mir sagen ob ich alles richtig gemacht habe?

    Vielen Dank und beste Grüße

    1. Hallo Rossella,
      Sie liegen richtig. Da Sie sich in Elternzeit befinden und damit ohnehin dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, dürfte Ihre Ortsabwesenheit nicht auf 21 Tage begrenzt sein. Es sei denn, das Jobcenter hat einen triftigen Grund vorzuweisen. Sollte es dennoch zu Kürzungen kommen, legen Sie in jedem Fall Widerspruch ein. Unsere Partneranwälte unterstützen Sie dabei. Auszuschließen ist das nämlich leider nicht. Warten Sie aber erst einmal dir Rückmeldung Ihres Sachbearbeiters ab.
      Viele Grüße

  4. Hallo ich bin alleinerziehende mama von 2 Kindern 6&1 Jahr
    Und mein Haus war eine Baustelle der wasserbouler ist dann noch explodiert und das Haus stand dann auch noch voll wasser.
    Ab da hatte ich 2wochen kein Warmwasser konnte also weder Duschen noch die Kinder,also bin ich dann für übers Wochenende fr-sonntag zu meiner Mutter da der Vermieter sag macht alles am Wochenende. Sonntag schreibt er mir dann das ihmdie ganze Küche gebrochen ist beim vorziehen.
    Montag fahre ich also nochmal zum Haus es klappt kein Wasser die Küche ist weg. Also fahre ich mit meinermutter ende 1er woche wieder der Vermieter ist die woche über arbeit also nur am Wochenende da um etwas am haus zu machen also bin ich für zwei wochen zur meiner mutter die grade mal 10min entfernt wohnt am 15 dann habe ich nochmal beim jobcenter angerufen ob die Leitungen/miete jetzt mal ausgezahlt werden da diese ende des Vormonat pausiert wurde da ihnen aufgefallen ist das im Mietvertrag die Adresse des Vermieters fehlt
    Darauf bekam ich die Antwort das ich keine Leistungen mehr bekommen und auch keine Miete
    Da sie eine Mitteilung von jemandem erhalten hätte das ich mich dort nicht aufhalten würde
    Ich erklärte ihr die Situation,sie lachte mich bloß aus meinte ich solle nicht lügen und das sie kein bock mehr auf mich hat und aufgelegt.
    Ich habe dem Vermieter ihre Nummer gegeben der ihr auch alles bestätigt hat.
    Trotzdem würde mir weder Miete noch Leistungen zustehen.
    Da der Vermieter mir Darauf sofort die fristlose Kündigung geschrieben hat zum 01.05 da keine Miete mehr gezahlt werden kann war ich oben drauf noch gezwungen auszuziehen .
    Darf das jobcenter die komplette Leistung und Miete einbehalten?

    1. Hallo Yasmin,
      sind die Verhältnisse nicht geklärt, kann es zur Einstellung der Leistungen kommen. Daher sollten Sie mit Ihrem Jobcenter in Kontakt treten, um Klarheit über Ihre Wohn- und Aufenthaltsverhältnisse zu schaffen. Halten Sie sich bei Ihrer Mutter auf, dann ggf. ein anderes Jobcenter für Sie zuständig sein. Stoßen Sie bei Ihrem Jobcenter auf taube Ohren, stellen Sie einen Eilantrag beim Sozialgericht.
      Viele Grüße

    1. Hallo Andreas,
      Ihre Frau sollte eine Ortsabwesenheit mit dem Jobcenter abklären, sofern ihre Abwesenheit bewirkt, dass sie dem Jobcenter nicht zur Verfügung steht. Hält sie sich ausschließlich nachts bei Ihnen auf, ist tagsüber aber in ihrer Wohnung, ist das irrelevant. Zieht sie aber quasi übergangswiese bei Ihnen ein und hält sich dauerhaft in Ihrer Wohnung auf, muss sie Rücksprache halten, um mögliche Sanktionen zu vermeiden.
      Viele Grüße

  5. Gute Tag
    Ich bin berufstätig in vollzeit, meine lebensgefährtin arbeitet nicht, unsere Tochter 9 Jahre geht zu schule. Wir bekommen vom jobcenter fast 600 Euro.
    Meinen fragen:
    -Sind wir Aufstocker?
    -Urlaub, ortsabwesenheit müssen wir bei jobcenter melden bzw. um Genehmigung bitten?
    Dankeschön in Voraus
    Dan

  6. Deutsche geniessen Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet. Ortsanwesenheitspflicht, da streuben sich mir die Nackenhaare. Es kommt schon etwas darauf an welchen Namen das Kind hat, damit ich mich damit anfreunden kann.

  7. war doch klar ,dass die Regierung sich das nicht ans Bein kleben lassen will, die machen irgendwelche absurden Gesetze und dann macht man,kennen wir doch. Aber sie können sich nicht vor allen drücken, das die Wahl so ausgefallen ist sollten sie sich da oben mal vor Augen führen und endlich mal aufwachen. Es geht hier nicht immer darum, was die anderen Staatspolitiker sagen oder denken könnten von uns deutschen. Es wird Zeit, dass Frau Merkel mal zuspüren bekommt, dass wir das Volk sind und sie in unserem Sinne handelt und nicht darum, ob sie einen Trump oder Macron auf den Schlips tritt. Für jeden Mist gibt sie Geld aus, nur für die Zukunft Deutschlands und diese liegt bei unseren Kindern. Sie sollte vielleicht bei nächsten Transfer darüber nachdenken, und vielleicht das Geld in Kitas stecken, Kitas zuunterstützen oder zuerrichten, damit die Eltern , insbesondere die Mütter arbeiten gehn könnten Danke

  8. Ich beziehe volle Erwerbsminderungsrente, werde vom jobcenter aufgestockt.
    Meine Frage… Wielange darf ich ortsabwesend sein, denn ich steh ja zur Vermittlung nicht zur Verfügung?

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