Krankenversicherung beim Bürgergeld: Was gilt für privat & gesetzlich?

Wer Bürgergeld (ehemals Hartz 4) bezieht oder wem wegen längerer Arbeitslosigkeit Leistungen nach dem SGB II (Sozialgesetzbuch) drohen, macht sich häufig Sorgen über seine Krankenversicherung. Regelmäßig sind diese Sorgen unbegründet, da das Jobcenter auch die Beiträge für die Krankenversicherung übernimmt. Es gibt allerdings Situationen, in denen der Krankenversicherungsschutz über das Jobcenter gefährdet sein kann und die Beiträge zur Krankenversicherung nicht mehr übernommen werden. Das ist beispielsweise bei bestimmten Bürgergeld Sanktionen der Fall.

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Wie sind Sie als Bürgergeld-Empfänger krankenversichert?

Im Regelfall sind Sie als Bürgergeld-Empfänger über das Jobcenter in der gesetzlichen Krankenkassen geführt. Es zahlt die Beiträge für die Krankenversicherung. Dabei liegt die Entscheidung, bei welcher Krankenkasse Sie versichert sein möchten, bei Ihnen.  Treffen Sie keine Wahl, weist das Jobcenter Ihnen einen Versicherer zu.

Für Selbstständige, die sich bereits in einer privaten Krankenversicherung (PKV) befinden, werden auch die PKV-Beiträge übernommen. Bei der Höhe der übernommenen Kosten kommt es darauf an, für welchen Tarif sich der Bürgergeld-Beziehende entschieden hat.

Die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und Jugendlichen

In Bedarfsgemeinschaften gilt für jedes Familienmitglied eine selbständige Versicherung. Jeder Leistungsbezieher wird selbst Mitglied der im Regelfall gesetzlichen Krankenversicherung. Kinder ab 15 Jahren gelten als selbständige Leistungsbezieher und sind deshalb eigenständig über das Jobcenter krankenversichert. Kinder unter 15 Jahren erhalten Sozialgeld und bleiben weiterhin über einen Enlternteil familienversichert.

Über diese seit 2016 geltende Regelung zur Familienversicherung von Kindern und Jugendlichen kann es zu unterschiedlichen Konstellationen kommen. Bleiben etwa die Eltern eines Jugendlichen im Bürgergeld-Bezug, wobei der Heranwachsende selbst aus dem Bezug fällt, ändert sich unter Umständen auch die krankenversicherungsrechtliche Situation.

Fall #1: Nimmt beispielsweise der Jugendliche ein Ausbildungsverhältnis auf, wird er über dieses Ausbildungsverhältnis pflichtversichert. Er scheidet mit der Aufnahme der Ausbildung regelmäßig aus dem Bürgergeld-Bezug aus.

Fall #2: Ein Jugendlicher oder junger Erwachsene beginnt ein Studium. Jetzt wechselt er vom Bürgergeld (ehemals ALG II) zum BAföG. Hier gilt, dass Studenten bis unter 25 Jahren noch familienversichert bleiben. Die Familienversicherung bleibt jedenfalls dann erhalten, wenn der Student nur BAföG und gegebenenfalls einen Minijob bis 520 EUR als Einkommen hat. Verdient ein Student aufgrund eines Nebenjobs mehr als in dem Minijob, ist ein Wechsel in die studentische Krankenversicherung möglich. Hier kann einen Zuschuss zum BAföG gewährt werden. Dabei kommt es auf die individuellen Umstände an.

Bürgergeld-Empfänger mit gesetzlicher Krankenversicherung

Wer aus einem Angestelltenverhältnis in den Bürgergeld-Bezug wechselt und vorher in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert war, bleibt im Regelfall gesetzlich versichert. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung werden vom Jobcenter übernommen und nicht auf den Regelsatz angerechnet.

Bei der Antragstellung für Bürgergeld gilt die Anlage SV, die ausgefüllt werden muss, damit der Zuschuss zur Krankenversicherung jeden Monat im Voraus vom Jobcenter direkt an die Krankenkasse gezahlt werden kann.

Es gibt jedoch Ausnahmen bei der Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung im Zusammenhang mit Bürgergeld-Leistungen:

Fall #1: Sollten Sie voraussichtlich nur für einen Monat Leistungen vom Jobcenter beziehen, besteht noch eine Nachversicherungspflicht Ihrer Krankenkasse. Hier kann es auch ratsam sein, einen vorläufigen Versicherungsschutz mit Ihrer Krankenkasse zu vereinbaren. Lassen Sie sich im Zweifelsfall dort beraten.

Fall #2: Wenn Sie Bürgergeld nur als Darlehen bekommen, besteht keine Versicherungspflicht über das Jobcenter. Gleiches gilt, wenn Sie etwa nur Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung, für Bekleidung und/oder mehrtägige Klassenfahrten erhalten.

Fall #3: Sollten Sie Bürgergeld als Aufstocker bekommen, übernimmt das Jobcenter ebenfalls keine Kosten für Ihre Krankenversicherung. Sie sind dann in Ihrem Arbeitsverhältnis krankenversichert.

Fall #4: Sollten Sie vor dem Bezug von Bürgergeld selbstständig gewesen sein und sich für eine private Versicherung entschieden haben, kann das Jobcenter auch die Beiträge für die private Krankenversicherung übernehmen. Sie müssen normalerweise sogar in dieser Privatversicherung bleiben; weil sie nicht ohne weiteres in eine gesetzliche Krankenkasse zurückkehren können.

Fall #5: Wenn Sie statt Bürgergeld Sozialgeld erhalten – das betrifft vor allem minderjährige Kinder bis 15 Jahre – sind Sie familienversichert.

Von der Versicherungspflicht befreit sind Personen ab einem Alter über 55 Jahre, die in den vorhergehenden letzten fünf Jahren nicht gesetzlich krankenversichert und in über 50 % der vergangenen Zeit als Beamte, besserverdienende Arbeitnehmer oder Selbstständige nicht versicherungspflichtig waren. Gerade diese Gruppe von Personen kann normalerweise nicht in die gesetzliche Krankenversicherung zurückkehren.

Was mit der Krankenversicherung passiert, wenn gegen Sie eine Vollsanktion im Rahmen von Bürgergeld verhängt wird, erfahren Sie in einem weiteren Abschnitt.

Bürgergeld-Empfänger mit privater Krankenversicherung

Regelmäßig ändert sich an der Art Ihrer Krankenversicherung nichts, wenn Sie Bürgergeld (ehemals ALG II) bekommen. Sie bleiben also normalerweise privat krankenversichert, wenn Sie dies auch vorher waren. Das betrifft beispielsweise Selbstständige. Das Jobcenter übernimmt dabei einen Zuschuss zum Versicherungsbeitrag. Der Höhe nach ist der Zuschuss auf die monatlichen Beiträge zum sog. Basistarifs der privaten Krankenversicherung begrenzt.

Die Höhe der Beiträge im Basistarif der privaten Krankenversicherung dürfe den Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht überschreiten, welcher 2023 bei einer Höhe von 807,97 EUR monatlich liegt. Besteht Hilfebedürftigkeit und somit ein Anspruch auf Bürgergeld, ist die private Krankenversicherung verpflichtet, den Basistarif auf die Hälfte zu reduzieren. Das Jobcenter muss also einen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung in Höhe von maximal 403,99 EUR leisten. Das gilt auch dann, wenn Sie tatsächlich in einem anderen Tarif mit höheren monatlichen Beiträgen versichert sind.

Wichtig: Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Wechsel in die GKV möglich

Bis zum 55. Lebensjahr können Sie möglicherweise noch in die GKV wechseln, wenn Sie Leistungen nach dem SGB II beziehen. Hier kommt es auf weitere Umstände des Einzelfalles an, die Sie von einer gesetzlichen Krankenversicherung Ihrer Wahl prüfen lassen sollten. Sind sie über 55 Jahre alt, bleibt dieser Weg Ihnen grundsätzlich verschlossen.

Krankenversicherung ohne Leistungsbezug vom Jobcenter

Die Kosten für die Krankenversicherung werden vom Jobcenter nur bezahlt, wenn der Betroffene Bürgergeld erhält. Wer arbeitslos oder arbeitssuchend ohne Leistungsbezug ist, wird nicht über das Jobcenter krankenversichert. Hier bleibt nur die Möglichkeit, sich freiwillig bei einer Krankenkasse versichern zu lassen.

In welchen Fällen kann es beispielsweise sein, dass Sie keine Leistungen nach dem SGB II erhalten?

Eine der maßgeblichen Voraussetzungen für den Bezug von Bürgergeld (ehemals ALG II) ist die Hilfebedürftigkeit. Diese ist nur gegeben, wenn jemand seinen Lebensunterhalt nicht, beziehungsweise nicht ausreichend aus seinem Einkommen oder Vermögen sichern kann. Er hat in diesen Fällen auch von keiner anderen Seite finanzielle Hilfe zu erwarten. Arbeitslosigkeit führt nicht immer automatisch dazu, dass jemand hilfebedürftig wird. Wer hierbei über ein ausreichendes eigenes Vermögen verfügt, hat unter Umständen kein Anspruch auf Bürgergeld, obwohl er arbeitslos ist.

Wenn zwar der Lebensunterhalt grundsätzlich vollständig aus Einkommen und eventuell vorhandenem Vermögen gedeckt werden kann, beides aber nicht hoch genug ist, um auch die Beiträge zur gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung vollständig zu decken, allein durch diese Beiträge also Hilfebedürftigkeit entstehen würde, ist das Jobcenter verpflichtet, einen Zuschuss in Höhe des ungedeckten Beitrags zu gewähren.

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Geschrieben von: Johanna Höfer

Nach einem Master in Transkulturelle Studien an der Universität Bremen arbeitete sie als Sozialarbeiterin zuerst bei der AWO und dann für die Stadt Bremen. Nun informiert sie als Redakteurin bei hartz4widerspruch.de über praktische Tipps für den Umgang mit Hartz IV.

8 Antworten auf „Krankenversicherung“

  1. Hallo,

    aktuell bin ich noch als Student privat bei meinem Vater (Beamter) versichert. Da ich über 25 Jahre alt bin, falle ich aus der Familienversicherung und muss deutlich erhöhte Beiträge bezahlen. Nach Beendigung des Studiums würde ich allerdings gerne aus der privaten Krankenversicherung austreten, da ich für das spätere Berufsleben gesetzlich versichert sein möchte.

    Nun frage ich mich, wie ich nach Studiumsende möglichst schnell und unkompliziert aus der privaten Krankenversicherung austreten kann. Die einfachste Möglichkeit wäre es sicherlich, direkt ins Berufsleben zu starten und die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arbeitgeber zu teilen. Nun ist es so, dass ich vor dem Berufsstart die Doktorarbeit finalisieren möchte und nicht zeitgleich in Vollzeit tätig sein kann.

    Eine denkbare Überlegung wäre, auf 521€-Basis zu arbeiten und somit in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln zu können. Wie verhält es sich, wenn ich einige Monate diesen 521€-Job ausübe und dann wieder kündige, um mich vollends auf die Promotion zu konzentrieren? Falle ich dann wieder in die private Krankenversicherung zurück? Muss ich mich mit vollen Beiträgen selbst freiwillig gesetzlich versichern? Bürgergeld, Arbeitslosengeld o.a Leistungen aus dem SGB2 möchte ich eigentlich nicht beantragen. Vielleicht kennen Sie sich mit den Regularien aus. Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.

    Freundliche Grüße

    1. Hallo,
      in Versicherungsfragen bieten wir hier keine Rechtsberatung an.
      Viele Grüße

  2. GutenTag, ich habe ein Problem mit JobCenter und zwar mein Verlobter ist seit über ein Monat Krank, er würde von seine Arbeit gekündigt und hat Dan direkt beim Jobcenter ein Antrag Gestellt (Er ist erst seit Februar in Deutschland deswegen beim Jobcenter Erfolgt das Antrag) der hat sehr Unterleib Schmerzen, da es etwas mit seine Adern nicht stimmt und er muss sich dringend untersuchen lassen. Er ist aber jetzt gar nicht versichert und privat können wir uns es nicht leisten. Ich hab Gestern mit JobCenter telefoniert und Sie sagten mir das die Bearbeitungszeit bis Donnerstag wäre. Jedoch heute beim einen Persönlichen Besuch würde uns gesagt das wir jetzt noch zwei Wochen warten müssen und die nicht machen können.

    1. Hallo Sonia,
      sprechen Sie mit der Krankenkasse Ihres Verlobten. In vielen Fällen sind Arbeitslose noch einen Monat nach der Kündigung in der gesetzlichen Krankenkasse versichert. Möglicherweise kann Ihnen die Krankenkasse diesbezüglich auch weiterhelfen. Zudem gilt: Der Anspruch beginnt in dem Monat, in dem der Antrag auf Hartz 4 gestellt wurde. Damit beginnt auch der Versicherungsschutz. Sprechen Sie also auch mit dem Arzt Ihres Mannes, welche Möglichkeiten sich Ihnen bieten. Möglicherweise kann die Gesundheitskarte nachgereicht werden.
      Viele Grüße

  3. Wird Beitragsguthaben bei der Krankenkasse auf Hartz IV
    angerechnet?
    Ich war bis Ende 2021 selbstständig. Anfang 2022 musste ich die Selbstständigkeit aus
    persönlichen Gründen aufgeben. Seit Januar 2022 beziehe ich Hartz IV.
    Jetzt habe ich von meiner Krankenkasse ein Schreiben mit folgendem Wortlaut erhalten:
    „Ihr Beitragskonto zeigt ein Guthaben von XX Euro. Dieser Betrag (3 stellig) ergibt sich aus
    der Änderung der Beitragseinstufung nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides 2021
    Das Guthaben werden wir umgehend überweisen.“
    Das heißt ich habe 2021 aus eigenem Vermögen zu viel KK Beiträge bezahlt, weil meine
    Beitragseinstufung für Jahr 2022 seitens der KK in Vorhinein zu hoch eingeschätzt wurde. Ich
    habe also 2021 weniger verdient, als im Vorhinein von der KK prognostisch angenommen
    wurde.
    Dass ich 2021 zu viel KK Beitrag bezahlt habe, ist aber erst jetzt ( 2022) von der KK
    festgestellt worden.
    Muss ich die Rückerstattung von der KK beim Jobcenter anzeigen? Und wird der Betrag auf
    meine Hartz IV Leistungen angerechnet?

    1. Hallo Proynova,
      ja, die Erstattung müssen Sie dem Jobcenter mitteilen. Da die Zahlung als Einkommen gewertet wird, ist eine Anrechnung auf Ihre Leistungen nicht auszuschließen.
      Viele Grüße

  4. Hallo,
    ich arbeite jetzt Vollzeit und das Jobcenter hat mir mitgeteilt, dass ich neben den zurückgerechneten Leistungen auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an das Jobcenter zurückerstatten soll.
    Ist das rechtig ?
    Sollte das Jobcenter die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung von Krankenkasse oder von mir zurückfordern ?

    LG

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