Frau am Fenster

Jobcenter muss Missbrauchsgebühren zahlen

Wenn Hartz 4-Empfänger ihren Pflichten nicht nachkommen, werden sie mit finanziellen Einbußen bestraft. Wenn Jobcenter Fehler machen, müssen sie höchstens Leistungen nachzahlen – so läuft es meistens. Jetzt hat aber ein Gericht ein Jobcenter zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Grund: Es hatte seine Wohnkosten-Richtlinien nicht rechtzeitig angepasst.

Schon seit einem Jahr hätten die Richtlinien angepasst werden müssen

Vor rund einem Jahr hat das Bundessozialgericht (BSG) die deutschen Jobcenter gerügt. Die Richtlinien für die Kosten der Unterkunft (KdU-Richtlinien) müssten aufgestockt und besser an die örtlichen Mieten und das Wohngeldniveau angepasst werden.

Hinweis: Urteile des Bundessozialgerichts von Januar 2019

Am 30.01.2019 verhandelte das Bundessozialgericht sechs Fälle, in denen es um Mietobergrenzen ging. In allen Fällen entschied das BSG zugunsten der Leistungsempfänger. Die Berechnungsgrundlagen der Jobcenter seien unzulässig gewesen.

Thüringer Jobcenter verschleppte die Anhebung immer weiter

Beim Jobcenter im Unstrut-Hainich-Kreis in Thüringen ist ein Jahr später nichts passiert. Noch immer gelten dort viel zu geringe KdU-Sätze. Die Folge: Viele Leistungsempfänger bekommen vom Jobcenter zu wenig Geld für die Miete. Den Rest müssen sie dann aus ihrem Regelsatz bezahlen. Der ist allerdings eigentlich für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Lebens gedacht.

Je nach genauem Wohnort lag die Mietobergrenze für Alleinstehende dort zwischen 252 und 262 EUR. Vier Personen gestand das Jobcenter zwischen 459 und 490 EUR zu. Kein Wunder, dass viele Leistungsempfänger keine Wohnung innerhalb dieser niedrigen Mietobergrenzen fanden.

Neun Klagen gegen Jobcenter-Praxis

Neun Hartz 4-Empfänger klagten gegen die geringen Sätze. Besonders frustrierend: Einen Kläger hatte das Jobcenter aufgefordert, in eine kleinere Wohnung zu ziehen, um die Mietkosten zu senken. Der Mann folgte der Aufforderung – und bekam trotzdem nicht die volle Miete. Ein anderer Kläger bekam vom Jobcenter nur die Miete für zwei Personen, obwohl in der Familie drei Personen lebten. 

Richterin: Jobcenter ignoriert ein Grundsatzurteil

Das ließ die zuständige Richterin am Sozialgericht Nordhausen nicht durchgehen. “Das Jobcenter hat trotz dreimaliger Aufforderung die Richtlinie bisher nicht nachgebessert,“ erklärte sie gegenüber dem MDR. Damit ignoriere das Jobcenter fortgesetzt ein Grundsatzurteil.

Deswegen verurteilte sie das Jobcenter nicht nur dazu, die vorenthaltenen Unterkunftskosten nachzuzahlen, sondern auch zur Zahlung von Missbrauchsgebühren in Höhe von 2.400 EUR. Das sei ein “selten praktizierter Vorgang,” erklärte das Gericht. Eine Berufung ist nicht zugelassen.

 

Quellen:

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Geschrieben von: Johanna Höfer

Nach einem Master in Transkulturelle Studien an der Universität Bremen arbeitete sie als Sozialarbeiterin zuerst bei der AWO und dann für die Stadt Bremen. Nun informiert sie als Redakteurin bei hartz4widerspruch.de über praktische Tipps für den Umgang mit Hartz IV.

Eine Antwort auf „Jobcenter muss Missbrauchsgebühren zahlen“

  1. Hallo zusammen.

    Ich bin single und bewohne seit 3 Jahren eine 88qm grosse Wohnung, welche vorher eine Wohngemeinschaft war!
    Die Wohnung ist mit einer Einbauküche ausgestattet
    Die Miete ohne Nebenkosten beträgt 350,-€ – inkl Nebenkosten 460€

    Eine angemessene Wohnung in der größe von 50qm – die das Amt voll bezahlen würde – wäre teurer! Zumal ich dann diverse Küchen Möbel bräuchte, sowie die Umzugskosten beantragen müsste!

    Wenn ich dem Amt Wohnungsvorschläge vorlegen, dann werden diese wegen den zu hohen kosten abgelehnt.
    Was kann ich tun ? Mir fehlen jeden Monat 150€ zum leben! Weiß bald nicht mehr weiter

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