Mann schaut deprimiert aus dem Fenster

Hartz IV: Erlaubt das Jobcenter einen Umzug aus psychischen Gründen?

Ein Umzug kann gerade für Hartz IV-Empfänger:innen sehr schnell sehr teuer werden. Abhilfe kann hier die Kostenübernahme durch das Jobcenter schaffen. Dafür muss es dem Umzug aber vorher zustimmen. Bei körperlichen Leiden stellt das in der Regel kein Problem dar. Doch was ist mit psychischen Beweggründen? Dürfen sich Jobcenter hier querstellen?

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Dann genehmigen Jobcenter einen Umzug

Die gute Nachricht vorweg: Sie brauchen keine Erlaubnis des Jobcenters, wenn Sie umziehen möchten. Allerdings übernimmt die Behörde ohne Zustimmung keine Umzugskosten und auch keine sonstigen Kosten, die in Verbindung mit dem Umzug stehen, wie bspw. Kosten für Suchinserate o.ä. Anspruch auf Übernahme der Mietkosten bzw. Kosten der Unterkunft haben die Leistungsempfänger:innen nach wie vor. Jobcenter sind verpflichtet, diese zu übernehmen.

Natürlich gibt es aber auch wichtige Gründe, die einen Umzug notwendig machen. Die meisten davon erkennt das Jobcenter an und übernimmt dementsprechend die Kosten. Dazu gehören unter anderem:

  • Familienzuwachs
  • die Aufnahme einer Arbeit in einer anderen Stadt
  • Heirat oder Trennung
  • unzumutbarer Zustand der alten Wohnung
  • gesundheitliche Beeinträchtigungen

Umzug bei psychischer Erkrankung?

Eine psychische Erkrankung kann eine gesundheitliche Beeinträchtigung darstellen, die einen Umzug erforderlich macht. Dabei sollte aber beachtet werden, dass eine “einfache” Downphase nicht ausreicht, um das Jobcenter zu überzeugen. Vielmehr braucht es einen Nachweis über Symptome und Behandlung Ihrer psychischen Krankheit.

Zudem muss ein Umzug geeignet sein, um Ihre mentale Gesundheit zu stabilisieren. Besteht kein direkter Zusammenhang zwischen Wohnung oder Wohnort und Ihrem psychischen Problem, wird das Jobcenter einen Antrag auf Kostenübernahme in der Regel ablehnen.

Jobcenter darf Zwangsumzug nicht anordnen

Umgekehrt ist eine psychische Erkrankung auch ein Grund, um trotz unangemessen hoher Kosten der Unterkunft in der aktuellen Wohnung bleiben zu dürfen. Jobcenter können einen Umzug nur dann anordnen, wenn es den Leistungsempfänger:innen körperlich und psychisch zugemutet werden kann. Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen 2009 entschieden.

Im dortigen Fall ging es um eine Hartz IV-Empfängerin, die aus ihrer Wohnung ausziehen sollte, weil die Kosten für die Wohnung für das Jobcenter zu teuer wurden. Doch die Frau war schon seit Jahren wegen Angstzuständen und innerer Unruhe in psychiatrischer Behandlung.

Ihr behandelnder Arzt sprach sich eindeutig gegen einen Wohnungswechsel aus. Zum einen lebten Tochter und Enkel noch in der Nähe, die ihr familiären Halt gaben. Zum anderen befand sich die Frau zum Zeitpunkt der Verhandlung in einer mittelschweren depressiven Phase. Das Gericht verurteilte das Jobcenter dazu, die KdU weiterhin zu übernehmen, und von weiteren Umzugsanordnungen abzusehen.

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Geschrieben von: Paul zu Jeddeloh

Seit 2019 bereichert er unser Anwalts-Team und macht sich für die Rechte von Bürgergeld-Empfänger:innen stark. Soziale Ungerechtigkeiten räumt er aus dem Weg. Sein weitreichendes Know-how aus vergangenen Fällen und sein tiefgreifendes Wissen über aktuelle Entwicklungen im Sozialrecht verhelfen zahlreichen Ratsuchenden zum Recht.

6 Antworten auf „Hartz IV: Erlaubt das Jobcenter einen Umzug aus psychischen Gründen?“

  1. Hallo 🙋🏼‍♀️ wie ist es bei einem Umzug, wenn die Miete höher ausfällt, als die angemessenen Kosten der Unterkunft vom Jobcenter? Ich wohne sehr abgelegen, bin nicht mobil, ohne Unterstützung durch den sozialpsychiatrischen Dienst (der in diesem Landkreis leider unterirdisch ist) und einer sehr schlechten öffentliche Anbindung. Ich bin aufgrund von psychischer Erkrankung allerdings auf Hilfe angewiesen, diese würde ich in einem anderen Landkreis sofort erhalten. Ich musste vor 4 Jahren diese Wohnung in Kauf nehmen, da mir sonst das Obdachlosenheim gedroht hätte, aufgrund fehlendem Wohnraum. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt hat sich leider genauso weniger gebessert, wie meine Gesundheit 😓 daher benötige ich dringend neuen Wohnraum um meine Lebensqualität wieder zu verbessern. Ich hoffe Sie können mir irgendwie einen Tipp geben, was ich vielleicht tun könnte. Ich bekomme leider aktuell auf Wohnungsanzeigen entweder nur absagen oder gar keine Antwort 😓 leider besitze ich Haustiere, auf die ich aufgrund von Krankheit angewiesen bin

    1. Hallo Christina,
      nein, Tipps können wir Ihnen leider nicht geben. Wir können lediglich Ihren Bescheid prüfen und mit einem Widerspruch dagegen vorgehen (sofern sinnvoll), sollte es zur Ablehnung durch das Jobcenter kommen.
      Viele Grüße

  2. Darf ich aus psychischen Gründen ausziehen aus meiner Wohnung und würde mir etwas teuere Wohnung zustehen? Bin seid 7 Jahren in Behandlung.
    Was müsste ich vorlegen beim Jobcenter?
    Bekomme leider keine genauen Infos vom Amt.
    Möchte wieder auf die Beine kommen und gesund werden nur hier in dieser Wohnung werde ich nur noch depressiver.

    Ich danke für Antwort

    1. Hallo J.G.,
      das setzt voraus, dass Sie dem Jobcenter eine ärztliche Bescheinigung vorlegen können, aus der hervorgeht, dass ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist. Doch selbst, wenn Sie über eine entsprechende Bescheinigung verfügen, muss sich die Wohnung im Rahmen der Angemessenheit bewegen.
      Viele Grüße

  3. Die “guten” Jobcenter und Mieten also was die sich mal leisten kann einen wirklich ins depressives da sein versetzen. Wegen Jobcenter wurde ich aus meine Wohnung rausgeschmissen und jetzt sind wir gezwungen (ich und 3 Kinder) beim Vater der Kinder zu leben im 1,5 Zimmer wohnung. Und neue Wohnung zu finden ist reine Wahnsinn. Und so dank Jobcenter hebe ich keine Wohnung und meine ganze Möbel weg

  4. Das ist mal eine gute Nachricht, für das Problem haben aus gesundheitlichen Gründen, sollte das Jobcenter nicht übergehen.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Melanie Rütz

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