Bürgergeld-Empfänger müssen die Kosten für eine medizinisch nicht notwendige Zahnspange aus eigener Tasche zahlen. Das geht aus einem jetzt veröffentlichten Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen hervor. Nach Auffassung der Richter ist der Gang zum Kieferorthopäden zu weit verbreitet, als dass er einen einzelfallbezogenen Mehrbedarf darstellen kann.
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Zahnspange soll vom Jobcenter finanziert werden
Früher oder später stehen Eltern vor der Frage, ob ihre Kinder eine Zahnspange bekommen sollen oder nicht. In knapp 66 % aller Fälle entscheiden sich Erziehungsberechtigte für eine Klammer. Die sehr hohen Kosten der kieferorthopädischen Behandlung trägt die Krankenkasse allerdings nur, wenn die Fehlstellung der jungen Zähne einen gewissen Schweregrad erreicht.
Für eine Bürgergeld-Empfängerin aus Chemnitz und ihre 13-jährige Tochter wurde genau das zu einem Problem: Die IKK Classic verweigerte eine Kostenübernahme, weil sie die Spange als medizinisch nicht notwendig einstufte.
Daraufhin wandte sich die Familie an das Amt, wurde jedoch auch dort enttäuscht: Die Teenagerin habe keinen sozialrechtlichen Anspruch auf eine Zahnspange, entschied das Jobcenter. Wie die Krankenkasse bereits ausgeführt habe, handele es sich bei der Maßnahme um eine rein kosmetische Behandlung, für die weder die IKK Classic noch das Jobcenter aufkommen müsse, so die Begründung. Da die Mutter des Kindes Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung hatte, reichte sie schließlich Klage beim Sozialgericht ein.
Hinweis: Schweregrad von Zahnfehlstellungen
Versicherungsträger orientieren sich bei der Kostenübernahme an den sogenannten kieferorthopädischen Indikationsgruppen. Das ist ein von Fachärzten entwickeltes System, welches Zahnfehlstellungen in fünf unterschiedliche Schweregrade einteilt. Ab einem Schweregrad von drei zahlt die Krankenkasse für eine Zahnspange.
Spange ist kein Härtefall-Mehrbedarf
Sowohl das Sozialgericht Chemnitz als auch das LSG Sachsen wiesen die Klage der Mutter ab. Beide Gerichte kamen letztendlich zu dem Schluss, dass § 21 Abs. 6 des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) – die einzig mögliche Anspruchsgrundlage in diesem Fall – nicht bei Zahnspangen greife. Das Jobcenter muss gemäß dieser Vorschrift einen Mehrbedarf in Härtefällen erstatten, wenn er:
- besonders und
- unabweisbar ist.
An beiden Voraussetzungen fehle es im Falle der Jugendlichen, so das Gericht. Besonders sei ein Bedarf nur dann, wenn er „bei einer mehr oder weniger kleinen Gruppe von Leistungsberechtigten auftritt“. Die Inanspruchnahme eines Kieferorthopäden und damit verbundene Kosten kommen aber gerade im Teenageralter sehr häufig vor. Das spreche gegen einen Härtefall-Mehrbedarf, der nur für ganz atypische und sehr außergewöhnliche Fälle gedacht ist, so das Gericht.
Alternativen zur Zahnspange befreien das Jobcenter von der Zahlung
Unabhängig davon sei der Bedarf an einer Klammer nicht unabweisbar. Denn zum einen habe die Krankenkasse bereits festgestellt, dass die begehrte kieferorthopädische Behandlung nicht zwingend notwendig sei. Zum anderen habe die Versicherung Alternativen angeboten, um die Fehlstellung anderweitig zu behandeln.
Nichts spreche dafür, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der 13-Jährigen so groß sind, dass die Zahnspange vom Jobcenter ausnahmsweise übernommen werden müsse. Für die Richter ist daher klar: Mutter und Tochter müssen die Kosten selbst zahlen.
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