Schmerzensgeld und Bürgergeld: Einkommen oder nicht?
Ob ärztlicher Behandlungsfehler oder Verkehrsunfall – wer zu Schaden kommt, kann unter Umständen Schmerzensgeld beanspruchen. Was aber, wenn es sich bei der geschädigten Person um einen Bürgergeld-Empfänger handelt? Wird das Schmerzensgeld dann als Einkommen angerechnet? Wir liefern Ihnen auf diese Frage eine Antwort.
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Schmerzensgeld – kurz erläutert
Schmerzensgeld ist eine Entschädigung für erlittene Verletzungen, soweit diese nicht zu einem Vermögensschaden geführt haben, auch immaterielle Schäden genannt. Dabei besitzt es in Deutschland eine Doppelfunktion: Schmerzensgeld soll zum einen, einen Ausgleich für erlittene Beeinträchtigungen bieten. Zum anderen dient es aber auch der Genugtuung.
Schmerzensgeld und Bürgergeld – darf es als Einkommen angerechnet werden?
Welches Einkommen bei der Berechnung von Arbeitslosengeld II angerechnet werden darf, ist im SGB II festgeschrieben. § 11a Abs. 2 besagt eindeutig, dass Schadensersatzansprüche in Form von Schmerzensgeld nicht als Einkommen bzw. Vermögen berücksichtigt werden dürfen. Eine Anrechnung auf Sozialleistungen nach dem SGB II ist demnach nicht zulässig.
Hinweis: Schmerzensgeld beim Jobcenter anmelden
Grundsätzlich sind bei Bürgergeld-Bezug alle finanziellen Zuflüsse dem Jobcenter zu melden – also auch Schmerzensgeldzahlungen. Verstöße gegen diesen Grundsatz können Sanktionen nach sich ziehen.
Wenn das Jobcenter Schmerzensgeld als Einkommen anrechnet
Trotz der eindeutigen Gesetzeslage, neigen Jobcenter dazu, Bürgergeld-Empfängern, die eine Entschädigung erhalten haben, diese auch als Einkommen anzurechnen. Immer wieder führt das zu Rechtsstreitigkeiten, bei denen die Sozialgerichte immer wieder die Gesetzeslage bestätigen.
Wichtig: Bescheid prüfen lassen
Erhalten Sie nach einer Schmerzensgeldzahlung einen neuen Bürgergeld-Bescheid von Ihrem Jobcenter, lassen Sie diesen bei Abweichungen zu Ihrem vorherigen Regelsatz umgehend prüfen. Möglicherweise wurde die Zahlung berücksichtigt.
Hat Ihr Jobcenter eine Schmerzensgeldzahlung tatsächlich bei der Berechnung Ihres Bürgergeld-Satzes berücksichtigt, sollten Sie Widerspruch gegen den Bescheid einlegen. Schmerzensgeld ist nicht auf Bürgergeld anrechenbar.
Sozialgerichte: Schmerzensgeld sichert nicht den Lebensunterhalt
Eine Entschädigungszahlung in Form von Schmerzensgeld diene nicht der Sicherung des Lebensunterhalts, so die Sozialgerichte. Deshalb darf es auch nicht als Einkommen bei Sozialleistungen nach dem SGB II angerechnet werden. Vielmehr handele es sich um einen Ausgleich eines erlittenen immateriellen Schadens und sichere dem Geschädigten Genugtuung zu.
Käme es aber zur Anrechnung des Schmerzensgeldes auf das Bürgergeld, so wäre dieser Zweck nichtig. Vielmehr sind die Sozialgerichte der Auffassung, dass die Anrechnung eine besondere Härte für Bürgergeld-Bezieher darstellen würde.
Achtung: Zinsen aus Schmerzensgeld nicht anrechnungsfrei
Anders verhält es sich jedoch mit Zinseinnahmen. Wird Schmerzensgeld gewinnbringend angelegt, gelten daraus entstehende Zinseinkünfte wiederum als Einkommen. Das geht aus einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Jahr 2012 hervor (B 14 AS 103/11 R).
Anrechnung von Schmerzensgeld rechtswidrig
Selten ist die Sachlage so eindeutig: Jobcenter dürfen Bürgergeld nicht kürzen, wenn der Leistungsbezieher Schmerzensgeld erhalten hat.
Wichtig: Nachweis
Sollte es mit Ihrem Jobcenter zu Streitigkeiten bezüglich einer Zahlung von Schmerzensgeld kommen, müssen Sie nachweisen, dass es sich um eine Geldentschädigung handelt. Heben Sie also unbedingt Nachweise auf.
Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte gegenüber dem Jobcenter. Im Falle einer Leistungskürzung prüfen wir Ihren Bescheid und legen Widerspruch ein, sofern die Kürzung unrechtmäßig erfolgt. Für Sie entstehen dabei zu keinem Zeitpunkt Kosten.
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