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Wohnkostenlücke bei Hartz IV: Jobcenter zahlt oft nicht die volle Miete

Unser Grundsicherungssystem sieht eigentlich vor, dass Jobcenter nicht nur den Regelsatz auszahlen, sondern auch die Kosten für die Wohnung übernehmen. Dennoch müssen 20% aller Hartz IV-Empfänger*innen zumindest einen Teil ihrer Miete selbst zahlen. Wie kann das sein?

Unterstützung vom Jobcenter reicht nicht aus

Eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hat ergeben, dass rund ein Fünftel aller Grundsicherungsempfänger*innen einen Teil ihres Regelsatzes aufwenden müssen, um ihre Wohnkosten zu decken. Eigentlich ist das die Aufgabe der Jobcenter. Das Problem: Jobcenter müssen die Wohnkosten nur bis zu einer “angemessenen” Höhe tragen. Wie viel “angemessen” ist, bestimmt jede Kommune für sich selbst.

Bei der Festlegung der Angemessenheitsgrenze werden aber oft nicht die Preissteigerungen im Wohnungsmarkt miteinbezogen. Das ist gerade in Ballungsgebieten, in denen die Wohnkosten schnell und stark ansteigen, problematisch. So ist es kaum überraschend, dass Hartz IV-Empfänger*innen im Schnitt rund 86 Euro aus eigener Tasche zahlen müssen, um die Kosten für ihre Wohnung aufbringen zu können.

Hinweis: Anfragen im Bundestag

Anfragen sind für Bundestagsabgeordnete oder Fraktionen eine Möglichkeit, die Bundesregierung zu Stellungnahmen über bestimmte Themen zu bewegen oder die Aufmerksamkeit der politischen Organe auf ein bestimmtes Thema zu lenken.

Regelbedarf nicht fürs Wohnen gedacht

Dieses Geld fehlt dann an den Stellen, für die es eigentlich gedacht ist: Essen, Kleidung und Schule haben zwangsweise eine geringere Priorität. Die einzige Alternative dazu wäre, sich auf die Suche nach günstigerem Wohnraum zu machen. Das ist vor allem in dicht besiedelten Städten und Gebieten schon für Besserverdienende eine große Herausforderung.

Kritik an Hartz IV wächst weiter

Dass Hartz IV-Empfänger*innen gezwungen sind, solche Abstriche zu machen, kann und darf nicht sein; findet auch die Linken-Politikerin Katja Kipping. Sie war die treibende Kraft hinter der Anfrage und kritisiert das aktuelle Hartz IV-System schon lange.

Sie fordert die komplette Übernahme der tatsächlichen Wohnkosten in den ersten zwei Bezugsjahren und eine realitätsnahe Angemessenheitsgrenze, die eine Selbstbeteiligung von Leistungsempfänger*innen verhindern soll. So könnten, laut Kipping, erwerbslose Menschen sich tatsächlich um die (Wieder)aufnahme von Arbeit kümmern, statt um ihre Existenz fürchten zu müssen.

Quellen:

 

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Geschrieben von: Paul zu Jeddeloh

Seit 2019 bereichert er unser Anwalts-Team und macht sich für die Rechte von Bürgergeld-Empfänger:innen stark. Soziale Ungerechtigkeiten räumt er aus dem Weg. Sein weitreichendes Know-how aus vergangenen Fällen und sein tiefgreifendes Wissen über aktuelle Entwicklungen im Sozialrecht verhelfen zahlreichen Ratsuchenden zum Recht.

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