Hubertus Heil verkündete heute: “Der Arbeitsminister schließt aus, dass künftig innerhalb eines Monats mehr als 30 % sanktioniert werden.” Dabei waren zuvor Entwürfe aus seinem eigenen Haus bekannt geworden, die genau das vorsahen – und damit dem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu widersprechen schienen. Was ist also der Stand der Dinge?
Bundesagentur für Arbeit musste ihre Sanktionsregeln überarbeiten
Vor gerade einmal drei Wochen, am 05.11.2019, ist ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gefallen: Die Regelungen zu Sanktionen in ihrer bisherigen Form waren nicht verfassungsgemäß. Darauf reagierte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am 14.11. und verhängte einen Sanktions-Stopp, bis eine Neuregelung gefunden wäre.
Entwürfe für diese neuen Fachlichen Weisungen wurden nun bekannt und enthielten vor allem eine brisante Passage: Sanktionen sollten addiert werden können. So wären doch wieder Sanktionen von insgesamt über 30 % der Leistung möglich gewesen.
Hinweis: Fachliche Weisungen
Gesetzestexte sind oft abstrakt. Die Bundesagentur für Arbeit “übersetzt” sie deswegen in sogenannte Fachliche Weisungen oder Fachliche Hinweise. Das sind konkrete Regeln, an die sich alle Jobcenter halten müssen, die als gemeinsame Einrichtungen von Bund und Kommune betrieben werden. Die kommunalen Jobcenter orientieren sich in der Regel auch daran. Die neuen Entwürfe für Fachliche Hinweise zu Sanktionen sind nun bekannt geworden.
Arbeitsministerium spricht von “Missverständnissen”
Harald Thomé vom Verein Tacheles, der als Sachverständiger am Prozess beteiligt war, formulierte es so: “Die BA will mit den geplanten Weisungen, die vom Verfassungsgericht auf 30 % begrenzten Sanktionen aushebeln.” Nun will Hubertus Heil aber alles nicht so gemeint haben. Das Ministerium spricht von “Missverständnissen.”
Entwurf enthielt sogar aktuelles Rechenbeispiel
Schwer zu glauben, denn im Entwurf zu den Fachlichen Hinweisen zu § 31 SGB II unter Randziffer 31.34 steht die zentrale Formulierung: “Bei kumulativer Verletzung von Pflichten nach § 31 und § 32 laufen die Minderungen parallel ab, d.h. die Minderungsbeträge werden in Überschneidungsmonaten addiert.” Sogar ein Rechenbeispiel mit den Regelsätzen von 2020 war enthalten. Mit anderen Worten: Die Passage ist nicht einfach aus einer alten Vorlage übrig geblieben, denn die neuen Regelsätze stehen erst seit September fest.
Achtung: So sollten die neuen Sanktionen berechnet werden
Das ist das brisante Rechenbeispiel aus dem Entwurf:
Sanktionen von 30 % (wegen Ablehnung Arbeitsangebot) und 10 % (wegen Meldeversäumnisses) des Regelbedarfs von 432,00 EUR ergeben folgende Minderungen:
129,60 EUR + 43,20 EUR = 172,80 EUR.
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