In etwa 310 Städten ist die Mietpreisbremse inzwischen Realität.

Urteil: Verschärfte Mietpreisbremse ist verfassungskonform

In etwa 310 Städten ist die Mietpreisbremse inzwischen Realität. Um ihre Wirksamkeit zu verbessern, beschloss die große Koalition, sie zu verschärfen. Dort, wo die Wohnungsnot am größten ist, wird sie als eines der Instrumente gegen hohe Mieten eingesetzt. Jetzt legte eine Vermieterin Verfassungsbeschwerde dagegen ein.

Neuheiten bei der Mietpreisobergrenze

Mit der Rechtmäßigkeit der Mietobergrenze befasste sich das Bundesverfassungsgericht im Juli 2019. Es kam zu dem Ergebnis, dass sie nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Wenn die Mietpreisbremse auf ortsübliche Vergleichsmieten einwirke, sei das für Vermieter und Mieter zumutbar und nicht zu beanstanden. Auch der Eingriff in das Eigentumsrecht sei verhältnismäßig. Das ist neu:

  • Zuviel gezahlte Miete können Mieter rückwirkend bis 30 Monate vereinfacht zurückverlangen.
  • Der Vermieter ist verpflichtet, den zuletzt geforderten Mietpreis dem neuen Mieter offen zu legen.
  • Das „Herausmodernisieren“, z. B. bei Durchführung einer nicht notwendigen baulichen Maßnahmen, ist in Zukunft eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro geahndet werden kann.
  • Die Vergleichsmiete wird jetzt für den Mieter günstiger berechnet (längerer Vergleichszeitraum)
  • Sie wird bis 2025 verlängert. 
  • Nach wie vor darf die Miete bei Neuvermietung maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Eine Vermieterin hatte Verfassungsbeschwerde eingelegt

Eine Vermieterin war vor dem Berliner Amtsgericht zur Rückzahlung überhöhter Mieten verurteilt worden. Sie reichte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein, weil sie sich in ihrer Vertragsfreiheit, dem Eigentumsrecht und dem Gleichheitsgrundsatz beschnitten sah. Ihre Beschwerde wurde vor dem höchsten deutschen Gericht in allen Punkten abgewiesen.

Hinweis: Begründung des Urteils

Das Bundesverfassungsgericht führte in seiner Urteilsbegründung unter anderem soziale Aspekte an: „Es liegt im öffentlichen Interesse, der Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Stadtteilen entgegenzuwirken“. Die Belastung durch hohe Mieten betreffe inzwischen auch Normalverdiener, insbesondere Familien mit Kindern.

Grenzen der Mietpreisbremse

Gegen die Pläne der Koalition, die Mietpreisbremse zu verschärfen, haben Hauseigentümerverbände heftige Einwände vorgebracht. Den Protesten der Eigentümer dürfte mit dem Urteil weitgehend die Grundlage entzogen sein. Aber das Gericht sah auch, dass die Mietpreisbremse nicht ausreiche, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken.

  • Die Mietpreisbremse greift nur in Ballungszentren. Dort ist die Vergleichsmiete hoch. Sie würde weder vom Jobcenter noch von den Sozialämtern getragen werden.
  • Sozialwohnungen gibt es zu wenige. Es wird geschätzt, dass etwa fünf Millionen geförderte Wohnungen fehlen.
  • Das Wohngeld hilft Geringverdienern, nicht aber Beziehern von Sozialleistungen. Die Ämter verrechnen das Wohngeld mit den Mietleistungen.

Wie wirkt die Mietpreisbremse auf Hartz IV-Berechtigte?

Durchschnittsverdiener können sich jetzt rechtssicher wissen. Auswirkungen auf Geringverdiener und Hartz-IV-Berechtigte dürfte das Urteil jedoch kaum haben. Sie würden die zulässigen 10 % über der Vergleichsmiete, die ohnehin hoch ist, nicht bezahlen können.

Das für Hartz-IV-Empfänger viel wichtigere Interesse liegt im Bau von Sozialwohnungen. Und dort hapert es überall. In den letzten 15 Jahren hat sich ihre Zahl halbiert. Es stehen jetzt nur noch etwa eine Millionen Sozialwohnungen zur Verfügung. Ein Vielfaches der 1,5 Milliarden Euro, die derzeit zur Wohnraumförderung bereitstehen, wären nötig, um den Bau anzukurbeln. Das fordert die Linksfraktion, die ein „Rettungsprogramm für den sozialen Wohnungsbau“ aufgelegt haben will.

Drastisch steigende Mieten bei Bestandswohnungen

Der Deutsche Mieterbund sieht das Hauptproblem ganz anders gelagert: Dies liege in den drastisch steigenden Mieten bei Bestandswohnungen – also bei den bestehenden Mietverträgen. Dort greift die Mietpreisbremse nicht. Bei Alt-Mietverträgen dürfen Vermieter sogar alle drei Jahre die Miete um 15% bis 20 % erhöhen, so oft wie sie unter der hohen Vergleichsmiete liegt. Der Mieterbund fordert deshalb, die Mieterhöhungen auf maximal 6 % innerhalb von drei Jahren festzulegen.

Dass der Anteil der Miete am Einkommen 30 % nicht übersteigen darf, darauf wies der Deutsche Gewerkschaftsbund hin. Andernfalls bliebe zu wenig für die Bestreitung des Alltags übrig.

 

Quellen:

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes

Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes

Artikel der Zeit vom 14.08.

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Geschrieben von: Dr. Philipp Hammerich

Er promovierte an der Universität Hamburg und arbeitet u.a. als Dozent und Gesellschafter für das juristische Repetitorium Hemmer sowie den Fachanwaltslehrgang und die Wirtschaftsprüferausbildung von econect. Als Mitgründer der Legal Tech Kanzlei rightmart und als Anwalt von hartz4widerspruch.de gibt er seine Einschätzung zu politischen und juristischen Entwicklungen im Bereich Bürgergeld.

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