War das Sanktionsurteil im vergangenen Herbst doch keine grundlegende Wende bei Hartz 4? Die Zahlen legen diese Vermutung nahe. Bisher haben die Jobcenter nach dem Urteil kaum weniger Sanktionen verhängt als vorher.
Bundesverfassungsgericht entschied über Sanktionen
Im November entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Sanktionen von mehr als 30 % verfassungswidrig sind. Die Bundesagentur für Arbeit überarbeitete deswegen ihre Weisungen, zeitweise waren Sanktionen sogar ganz ausgesetzt.
Das Urteil war eine Grundsatzentscheidung. Manche Sozialverbände und Politiker sprachen von einer grundsätzlichen Wende bei Hartz 4. Anscheinend sind die Auswirkungen auf die Praxis bisher aber überschaubar.
Kaum weniger Sanktionen im November
Die Jobcenter haben zumindest nicht weniger Sanktionen verhängt. Im Gegenteil: Im November gab es sogar mehr neue Sanktionen als im Oktober wegen Meldeversäumnissen. Insagesamt 66.275 neue Sanktionen verhängten die Jobcenter im November. Das sind 1.575 Sanktionen oder 2,4 % mehr als im Oktober. Der Oktober war der letzte Monat, in dem die alte Sanktionsregelung galt. Drei Viertel davon waren Sanktionen wegen Meldeversäumnissen.
Hinweis: Urteil nur zu Sanktionen bei Pflichtverletzungen
Auf Sanktionen wegen Meldeversäumnissen hatte sich das Urteil des BVerfG ausdrücklich auch nicht bezogen. Trotzdem hat es Auswirkungen auch auf diese Sanktionen. Verschiedene Sanktionen dürfen jetzt nur noch auf bis zu 30 % des Regelbedarfs addiert werden. Außerdem müssen Hartz 4-Empfänger die Möglichkeit haben, ihr Fehlverhalten nachträglich zu korrigieren.
Leistungskürzungen sind niedriger
Die Kürzungen fielen immerhin deutlich niedriger aus. Im Schnitt kürzten die Jobcenter die Leistungen weniger stark. Durchschnittlich um 111 EUR wurden Leistungen bei Sanktionierten in den ersten zehn Monaten von 2019 gekürzt. Im November waren es nur durchschnittlich 95 EUR.
Auch bekamen weniger Menschen gar keine Leistungen mehr. Im November bekamen nur 4022 Hartz 4-Empfänger gar keine Leistungen mehr. Das sind 34,5 % weniger als im Oktober. Insgesamt scheint sich also nicht so viel geändert zu haben wie nach dem Urteil zunächst vermutet wurde.
Quellen:
- Bundesagentur für Arbeit
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