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Stromschulden beim Bürgergeld: Dann muss das Jobcenter einspringen

Die Energiekrise der letzten Monate ist nicht spurlos an Grundsicherungsempfänger:innen vorbeigegangen – im Gegenteil. Viele Leistungsempfänger:innen sehen sich mit zu hohen Stromrechnungen konfrontiert. Das Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern hat jetzt entschieden, wann Jobcenter einspringen müssen.

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Stromschulden sind keine Seltenheit

42,55 EUR sind im Bürgergeld-Regelsatz für Wohnen, Energie und Wasser vorgesehen. Angesichts der aktuellen Strompreise ist das zu wenig. Stromsperren und -schulden sind – wie der Ausgangsfall zeigt – praktisch vorprogrammiert:

Um seine bereits bestehenden Stromschulden in Höhe von 2.319,72 EUR begleichen zu können, beantragte der klagende Bürgergeld-Empfänger beim Jobcenter ein Darlehen. Sein Stromversorger habe bereits eine Sperre eingeleitet und drohe nun mit einer Kündigung. Auch der Versuch, eine Ratenzahlung zu vereinbaren, scheiterte.

Das Jobcenter lehnte den Antrag jedoch mit der Begründung ab, dass im Regelsatz genug Geld vorhanden sei, um die Stromkosten zu decken. Auch ein Härtefall läge nicht vor, weil dem Bezieher keine Wohnungslosigkeit drohe. Zudem sei die verhängte Stromsperre rechtswidrig, da der Versorger vorher kein Angebot zur Ratenzahlung abgegeben oder angenommen habe. Hier dürfe das Jobcenter auf eine Zivilklage verweisen.

Hinweis: Stromanbieter muss Ratenzahlung anbieten

Stromanbieter sind nach § 19 der Stromgrundversorgungsverordnung dazu verpflichtet, ihren Kundinnen und Kunden vor einer Stromsperre eine Ratenzahlung anzubieten und die Weiterversorgung weiterhin zu gewährleisten.

Jobcenter muss Stromschulden nur im Notfall zahlen

Sowohl der Widerspruch als auch die Klage vor dem Sozialgericht scheiterten. Nun musste das LSG den Fall entscheiden. Grundsätzlich können Jobcenter auch Stromschulden übernehmen, so die Richter:innen. Zwingende Voraussetzungen dafür seien aber:

  • die Sicherung der Unterkunft oder eine vergleichbare Notlage
  • das Ausschöpfen jeglicher Selbsthilfemöglichkeit; insbesondere der Einsatz von privatem Vermögen

Aber Achtung: Selbst wenn diese beiden Bedingungen erfüllt sind, handelt es sich immer noch um eine Ermessensentscheidung des Jobcenters. Ihr Sachbearbeiter kann den Antrag bewilligen, muss es aber nicht!

Gerichte entscheiden allerdings oft im Sinne der Bürgergeld-Empfänger:innen, da eine Stromsperre durchaus ein Härtefall ist, der den Entscheidungsspielraum des Jobcenters einschränkt.

Selbsthilfemöglichkeit muss erschöpft sein

Im vorliegenden Fall aber habe die Behörde ausnahmsweise rechtmäßig gehandelt. Vor Gericht war streitig, ob der Kläger wirklich alle Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft hat oder nicht. Er habe weder auf Nachfragen des Gerichts geantwortet, noch beweisen können, dass er sich mit seinem Stromversorger in Verbindung gesetzt hat. Bei einer so zweifelhaften Sachlage bestehe kein Anspruch auf Kostenübernahme.

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Geschrieben von: Paul zu Jeddeloh

Seit 2019 bereichert er unser Anwalts-Team und macht sich für die Rechte von Bürgergeld-Empfänger:innen stark. Soziale Ungerechtigkeiten räumt er aus dem Weg. Sein weitreichendes Know-how aus vergangenen Fällen und sein tiefgreifendes Wissen über aktuelle Entwicklungen im Sozialrecht verhelfen zahlreichen Ratsuchenden zum Recht.