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Sozialgericht verwehrt Hartz IV-Empfänger rechtliches Gehör

Für die meisten Hartz IV-Empfänger*innen sind Sozialgerichte eine schützende Instanz, die das Jobcenter in die Schranken weist, wenn das mal wieder Mist gebaut hat. Dass es aber leider auch anders geht, zeigt ein aktueller Fall aus Köln. Hier handelte das zuständige Sozialgericht (SG) so unrechtmäßig, dass sogar das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einschreiten musste.

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Familie legt Widerspruch gegen Bescheid ein

Was ist passiert? Eine Familie aus Köln bezog Hartz IV und erhielt Ende November 2019 einen Bescheid. Darin informierte das Jobcenter die Familie darüber, dass es in den kommenden Monaten einen Teil des Regelsatzes einbehält, weil in der Vergangenheit zu viel Geld an die Bedarfsgemeinschaft gezahlt worden sei. Der Vater erhob daraufhin Widerspruch für sich, seine Frau und das gemeinsame Kind.

Danach geschah erst einmal nichts. Im Januar 2020 schließlich meldete sich das Jobcenter zurück und bewilligte der Familie weiterhin Hartz IV für das kommende Jahr, zog aber trotzdem die angeblich zuviel gezahlten Beträge davon ab. Weil das Jobcenter wieder nicht auf ein weiteres Schreiben der Familie reagierte, beantragte sie vor dem Sozialgericht einstweiligen Rechtsschutz und forderte die vollen Leistungen aus dem Regelsatz.

Hinweis: Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs

Widersprüche haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass die Bescheide, die mit dem Widerspruch angegriffen werden, während des Widerspruchsverfahrens nicht einfach so vollstreckt werden können.

Sozialgericht macht grobe Fehler

Das Sozialgericht lehnte den Antrag der Familie jedoch ab. Grund dafür war insbesondere eine schriftliche Stellungnahme des Jobcenters. Darin behauptet die Behörde, dass die Mutter als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft keinen Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt habe. Er sei somit bestandskräftig und die Rückzahlungsaufforderung erfolge rechtmäßig.

Von diesem Schreiben wusste die Familie aber nichts. Dennoch fällte das Sozialgericht seinen Beschluss, ohne die Kläger*innen noch einmal zu Wort kommen zu lassen. Einzige Entscheidungsgrundlage waren die einseitigen Schilderungen des Jobcenters. Im späteren Verfahren führte das Gericht zudem aus, dass der Widerspruch der Mutter auch keinen Unterschied mehr gemacht hätte. Der Antrag wäre trotzdem abzulehnen gewesen.

BVerfG hebt Entscheidung des SG auf

Die Kläger*innen gaben nicht auf und zogen bis vor das Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter*innen gaben der Familie Recht und hoben den Beschluss des SG auf. Dem SG seien gleich mehrere grobe Fehler unterlaufen: Zum einen habe das Sozialgericht es unterlassen, die Kläger*innen über den Schriftsatz des Jobcenters zu informieren und ihnen Gelegenheit zu geben, sich dazu zu äußern. Das verstoße gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs.

Zum anderen stufte das BVerfG den Beschluss des SG als willkürlich ein, da er rechtlich nicht begründet werden kann. Das SG ignorierte hier die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs nach §86a SGG. Weil es im Eilverfahren aber genau um die aufschiebende Wirkung ging, hätte es für den Antrag der Familie daher sehr wohl einen Unterschied gemacht, ob die Mutter Widerspruch eingelegt hat oder nicht. „Die Entscheidung des Gerichts (…) entbehrt jedes nachvollziehbaren sachlichen Grundes”, so das harte Urteil des BVerfG.

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Geschrieben von: Leon Varlemann

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