Trotz groß angekündigter Reform ist die Kritik am Regelsatz auch mit der Umstellung auf das Bürgergeld nicht abgerissen. Nach wie vor reicht das Geld hinten und vorne nicht. Für größere Anschaffungen müssen Bürgergeld-Empfänger:innen Jahre oder sogar Jahrzehnte sparen. Umso wichtiger dürfte ein neues Urteil des Sozialgerichts (SG) Kiel für Betroffene sein, in dem es einen Mehrbedarf für Waschmaschinen anerkennt.
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Bürgergeld-Empfänger beantragt Mehrbedarf für Waschmaschine
502 EUR – so viel hat ein:e alleinstehende:r Bürgergeld-Empfänger:in pro Monat zur Verfügung. Wie wenig das eigentlich ist, zeigt der aktuelle Fall eines Leistungsbeziehers aus Kiel. Nach 14 Jahren gab seine Waschmaschine von einer Sekunde auf die andere den Geist auf. Schnell war klar, dass eine Reparatur nicht mehr infrage kommt. Ein neues Gerät musste her.
Doch vom Regelsatz allein lässt sich das nicht finanzieren. Selbst gebrauchte Waschmaschinen kosten mehrere hundert Euro. Der betroffene Bürgergeld-Empfänger im Ausgangsfall musste mit Versandkosten sogar 418, 95 EUR hinblättern. Im direkten Vergleich dazu wirkt die Pauschale im Regelsatz, die für Waschmaschine, Wäschetrockner, Geschirrspüler und Co. vorgesehen ist, einfach nur lächerlich: Gerade einmal 1,60 EUR im Monat. Nach dieser Rechnung hätte der Leistungsempfänger 21 Jahre für die Waschmaschine sparen müssen.
Daher beantragte er beim Jobcenter die Anerkennung eines Mehrbedarfs. Eine Waschmaschine sei mittlerweile für so gut wie jeden Haushalt unerlässlich. Es könne nicht sein, dass er mehr als zwei Jahrzehnte sparen muss, um so ein grundlegendes Bedürfnis wie das Waschen dreckiger Wäsche erfüllen zu können.
Hinweis: Mehrbedarf für verschiedene Lebenssituationen
Mehrbedarfe sind zusätzliche Geldleistungen des Jobcenters, die nach dem Gesetz nur dann anerkannt werden, wenn „im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf“ besteht. Das ist beispielsweise bei Schwangeren oder Alleinerziehenden der Fall.
Jobcenter verweigert Mehrbedarf
Das Jobcenter aber lehnte ab. Der Kauf einer Waschmaschine sei nicht als Mehrbedarf zu werten, weil dafür schon eine Pauschale im Regelsatz vorgesehen sei. Daher müsse das Jobcenter dem Bürgergeld-Empfänger, wenn überhaupt, nach § 24 SGB II entweder eine Sachleistung oder ein rückzahlungspflichtiges Darlehen anbieten.
Unabhängig davon sei aber auch der Preis viel zu hoch. Gebrauchte Waschmaschinen seien schon für 200 EUR zu haben. Das Jobcenter müsse nur die Kosten in angemessener Höhe tragen. Da das Widerspruchsverfahren erfolglos blieb, reichte der Bürgergeld-Bezieher eine Klage beim SG ein.
SG erkennt Mehrbedarf bei Waschmaschinen an
Die Kieler Richter:innen sahen es als erwiesen an, dass dem Bürgergeld-Bezieher durch den Verlust seiner Waschmaschine „ein besonderer und in seinem Einzelfall auch unabweisbarer Bedarf“ entstand. Diesen Bedarf hätte er auch nicht über den Regelsatz decken können, da es sich bei der Waschmaschine um einen langlebigen Haushaltsgegenstand handele, der – anders als die meisten Posten im Regelsatz – nur alle paar Jahre bzw. Jahrzehnte angeschafft werden müsse.
Die Datenerhebung, die der Berechnung des Regelsatzes zugrunde liegt, eigne sich nicht, um Aussagen über die Anschaffungskosten von Geräten mit einem so langen Lebenszyklus zu tätigen. Dies kritisierten bereits sowohl der Bundesrat als auch das Bundesverfassungsgericht. Somit seien die Kosten beim Kauf einer Waschmaschine getrennt vom Regelsatz zu betrachten. Ein Mehrbedarf ist deswegen anzuerkennen.
Kosten für Waschmaschine war angemessen
Die Anschaffungskosten von knapp 400 EUR waren den Richter:innen zufolge auch angemessen, da es zum Zeitpunkt der Anschaffung einen Chipmangel gab, der den Preis für die Waschmaschine in die Höhe trieb. Den Preisvergleich, den das Jobcenter 1,5 Jahre nach dem Kauf gemacht hat, muss der Kläger nicht gegen sich geltend machen lassen.
Der Fall zeigt einmal mehr: Mitunter muss das Jobcenter genauer hinsehen und abwägen, ehe es über einen Antrag entscheidet. Wurde auch Ihnen ein Mehrbedarf pauschal abgelehnt, lassen Sie unsere Partneranwältinnen und Partneranwälte einen Blick drauf werfen. Sie stehen mit einem Widerspruch für Ihr Recht ein.
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Quelle:
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Es wäre schön wenn in dem Artikel auch das Aktenzeichen vom Urteil gepostet wäre! Habe die gleiche situation und will einen Antrag stellen.
Danke!
Hallo Marxx,
das ist unter “Quelle” verlinkt.
Viele Grüße
Hallo Zusammen
Ich habe im letzten Monat einen Antrag auf ein zinsloses Darlehen,leider wußte ich es zu dem Zeitpunkt nicht besser ,beim Jobcenter gestellt ,zwecks Anschaffung einer neuen Waschmaschiene da meine den Geist aufgegeben hat. Das Darlehen wurde mir auch bewilligt und ich zahle es jetzt monatlich zurück. Meine Frage ist jetzt ob ich den Mehrbedarf trotzdem geltend machen kann,oder ob es rechtens ist das mir ein Darlehn gewährt wurde,welches ich nun zurück zahlen muss,obwohl die Waschmaschiene zum Mehrbedarf zählt.
LG
Hallo Chris,
bei dem Urteil handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die das SG Kiel getroffen hat. Das bedeutet nicht, dass sich das pauschal auf alle Fälle anwenden lässt, bei denen es um eine kaputte Waschmaschine geht. Das muss sehr genau geprüft werden. Mehrbedarfe können zudem nicht rückwirkend geltend gemacht werden, sondern lediglich ab dem Zeitpunkt der Beantragung.
Viele Grüße
Ich habe eine Antrag gestellt vor einem Jahr auf Ausstattung für eine Waschmaschine, doch das Jobcenter Zwickau verweigert mir den Dahrlehn, da aber erstausstattung für Haushaltsgeräte eine Waschmaschine dazugehört. Es wurde genauso berechnet als hätten man mir Sie mit ausbezahlt was der Wahrheit überhaupt nicht entspricht.
Genauso wie die Erstausstattung der Wohnung, wurden mir 1129,48€ berechnet und Bewilligt, was wurde mir ausbezahlt 934,00€ dass Jobcenter Zwickau berechnet kosten die nicht Ansatzweise hinkommen.
Wer kann mir dabei helfen
Hallo Patrick,
leider können wir Ihr Anliegen nicht genau nachvollziehen. Sofern Sie diesbezüglich keinen aktuellen Bescheid (nicht älter als einen Monat) vorliegen haben, können Sie einen Überprüfungsantrag stellen. Schildern Sie darin genau, an welcher Stelle Sie Fehler durch das Jobcenter vermuten. Daraufhin wird ein Bescheid erlassen, den unsere Partneranwälte dann wiederum zwecks Widerspruch prüfen können. Auch hier beträgt die Widerspruchsfrist einen Monat.
Viele Grüße