Normalerweise übernimmt das Jobcenter die Wohnungsmiete nur bis zu einer bestimmten, angemessenen Höhe. Ist eine Person in der Bedarfsgemeinschaft aber wegen einer Behinderung besonders bedürftig, muss das Jobcenter tiefer in die Tasche greifen als üblich. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entschieden.
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Kosten für behindertengerechten Wohnraum „zu hoch“
Geklagt hatte die alleinerziehende Mutter einer sechsköpfigen Familie. Ihr ältester Sohn ist schwerbehindert und auf einen Rollstuhl angewiesen. Momentan lebt die Familie in einer 83 m² großen Vier-Zimmer-Wohnung im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses. Das Haus selbst hat keinen Aufzug, weshalb ihr Sohn die entsprechenden Stockwerke immer getragen werden muss. Teilhabe am öffentlichen Leben ist für ihn daher nur schwer möglich.
Nach langer Suche fand die Frau endlich eine behindertengerechte Wohnung für sich und ihre fünf Kinder und beantragte die Kostenübernahme beim Jobcenter. Das Amt lehnte den Antrag aber ab und verwies auf die Angemessenheitsgrenze für die Kosten der Unterkunft (KdU). 1.353 EUR kalt sei die für die Familie maßgebliche Mietobergrenze. Die infrage kommende Wohnung kostet kalt allerdings 1.425, 60 EUR – zu teuer, findet das Jobcenter.
Hinweis: Kosten für Wohnungen müssen angemessen hoch sein
Zwar ist das Jobcenter nach § 22 des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) dazu verpflichtet, die KdU von Leistungsempfänger:innen zu tragen. Allerdings gilt das nicht unbegrenzt: Nur „angemessen“ hohe Kosten sind vom Jobcenter zu erstatten. Was allerdings unter angemessen zu verstehen ist, ist immer wieder Gegenstand von Gerichtsentscheidungen.
Jobcenter verweist auf Alternativwohnungen
Neben der Preisfrage spräche aber auch die hohe Verfügbarkeit von behindertengerechten Wohnungen für eine Ablehnung der Kostenübernahme. In der Vergangenheit habe die Bürgergeld-Empfängerin bereits zwei Wohnungen ausfindig machen können, deren Miete das Jobcenter übernommen hätte. Angemietet habe sie die Wohnungen aber nie. Ihre jetzige Situation sei daher mehr oder weniger selbst verschuldet.
Diese Anschuldigung ließ die Mutter nicht auf sich sitzen. Die erste Wohnung sei in der Zwischenzeit bereits bezogen worden, während die andere Wohnung bestenfalls nur eine Notlösung dargestellt hätte, da diese mit ihren gerade einmal drei Zimmern für eine Mutter, einem schwerbehinderten und vier weiteren Kindern einfach zu klein gewesen sei.
Angemessenheit erfordert Einzelfallbetrachtung
Nun musste das LSG den Fall entscheiden. Die Richter:innen gaben der Klage der Bürgergeld-Empfängerin statt und verpflichteten das Jobcenter zur Übernahme der Miet- und Unterkunftskosten.
Obwohl die Wohnungsmiete über der üblichen Höchstgrenze von 1.353 EUR liege, sei sie dennoch angemessen. Denn bei der Angemessenheit spielten neben den festgelegten Höchstbeträgen auch immer die Lebensumstände der Bürgergeld-Empfänger:innen eine Rolle. Das gelte auch hier. Für eine Kostenübernahme sprach, dass:
- eine Behinderung die eigenen Chancen im ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt noch weiter verringert
- eine sechsköpfige Familie nur schwer eine Wohnung findet
- die jetzige Wohnsituation für den behinderten Sohn untragbar ist, da dadurch seine Teilnahme am öffentlichen Leben massiv leidet
Auch die Tatsache, dass die Miete nur leicht über den Verwaltungsvorgaben liege, spreche für die Bewilligung der Kostenübernahme. All das führe dazu, dass die KdU doch als angemessen anzusehen sind – selbst wenn der übliche Grenzwert erreicht sein sollte.
KdU immer wieder Gegenstand von Widersprüchen
Der Fall des LSG beweist wieder einmal, dass es sich lohnen kann, gegen Ablehnungsbescheide des Jobcenters vorzugehen. Gerade bei den KdU ist die Rechtslage oft nicht so eindeutig, wie das Jobcenter sie darstellt. Sollten auch Sie Probleme mit dem Jobcenter haben, überprüfen wir Ihre Bescheide gerne kostenlos für Sie. Auf Wunsch legen wir zudem Widerspruch für Sie ein.
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