Kommt die Hartz 4-Reform?

Kommt jetzt die lange überfällige Hartz 4-Reform?

Arbeitsminister Hubertus Heil hat einen Reform-Entwurf vorgelegt, der einige deutliche Verbesserungen für Hartz 4-Empfänger*innen enthält. Was im Gesetzentwurf steht und warum es für Vorfreude wohl noch zu früh ist.

SPD-Minister will Hartz 4-Regeln deutlich entschärfen

Der Gesetzentwurf ist noch nicht einmal veröffentlicht, da steht er schon in den landesweiten Schlagzeilen: Die Regierung will Hartz 4 reformieren und die Regeln für Hartz 4-Empfänger*innen deutlich entschärfen. Bisher ist bekannt, dass der Entwurf folgende Änderungen enthält:

  • In den ersten zwei Jahren des Hartz 4-Bezuges prüft das Jobcenter nicht, ob die Wohnkosten angemessen sind. Das heißt, wer in Hartz 4 rutscht, kann die ersten zwei Jahre unbehelligt in der bisherigen Wohnung bleiben und wird nicht gleich zum Umzug gezwungen.
  • Vermögen bis zu 60.000 EUR wird in den ersten zwei Jahren des Hartz 4-Bezugs nicht berücksichtigt. Bisher ist die Vermögensobergrenze nach Alter gestaffelt. Junge Menschen dürfen nur etwas mehr als 3.000 EUR Vermögen haben, um Hartz 4-berechtigt zu sein. Sparkonten usw., die darüber hinausgehen, müssen sie aufbrauchen bevor sie Hartz 4 beziehen können.
  • Sanktionen bei Pflichtverletzungen sollen auf 30 % begrenzt werden. Nach einem wichtigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts gilt diese Regel faktisch schon. Das Gesetz wurde aber bisher nicht entsprechend geändert.
  • Die Kosten der Unterkunft sollen nicht mehr gekürzt werden.
  • Ein Weiterbildungsbonus von 75 EUR pro Monat soll Hartz 4-Empfänger*innen zur Verfügung stehen.

Viele dieser Regeln gelten im Moment als ohnehin so oder so ähnlich. Das ist aber nur eine zeitlich begrenzte Ausnahme. Mit den Corona-Sonderregeln bei Hartz 4 will die Regierung Menschen unter die Arme greifen, die wegen der Pandemie ihre Jobs verloren haben oder sie nicht ausüben können.

CDU und FDP lehnen die Pläne ab

Der Gesetzentwurf kommt zwar von der amtierenden Regierung, trotzdem ist es nicht besonders wahrscheinlich, dass er so umgesetzt wird. Denn der Koalitionspartner CDU/CSU hat schon deutliche Kritik geäußert. CDU-Sozialexperte Peter Weiß sprach sich deutlich gegen eine Entfristung der Corona-Sonderregeln aus. Auch die FDP ist gegen das Gesetz. Heil versuche, ein Grundeinkommen durch die Hintertür einzuführen, kritisierte FDP-Mann Pascal Kober.
Die Grünen hingegen gehen mit ihrem eigenen Reformentwurf noch weiter und wollen den Regelsatz von derzeit 446 EUR auf 600 EUR erhöhen und die Sanktionen ganz streichen.

Sind die Reformvorschläge nur Wahlkampf-Gerede?

Alle Entwürfe und Forderungen von den Parteien dürften aber im Moment mit Vorsicht zu genießen sein. Die Parteien bringen sich damit in erster Linie in Position für den Bundestagswahlkampf im September. Bis dahin wird die große Koalition kaum eine grundlegende Hartz 4-Reform verabschieden. Was nach der Wahl tatsächlich geändert wird, bleibt also abzuwarten.

Quellen:

Wie hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?

0 / 5 Gesamt: 0

Your page rank:

Geschrieben von: Dr. Philipp Hammerich

Er promovierte an der Universität Hamburg und arbeitet u.a. als Dozent und Gesellschafter für das juristische Repetitorium Hemmer sowie den Fachanwaltslehrgang und die Wirtschaftsprüferausbildung von econect. Als Mitgründer der Legal Tech Kanzlei rightmart und als Anwalt von hartz4widerspruch.de gibt er seine Einschätzung zu politischen und juristischen Entwicklungen im Bereich Bürgergeld.

Eine Antwort auf „Kommt jetzt die lange überfällige Hartz 4-Reform?“

  1. Ich verfolge interessiert die Pläne der Hartz IVReformen. Niemand spricht hier von Soloselbständigen welche Leistungen nach Hartz IV nutzen müssen. Für Selbständige ist der Schritt wieder aus dem Leistungsbezug heraus zu kommen fast nicht zu schaffen ! Während des Leistungsbezugs können keine Rücklagen gebildet werden- Umsatz/ Einnahmen ab 150 € werden auf die Leistung angerechnet, das Einkommen von Lebenspartner werden voll angerechnet und gerade Soloselbständige , wie ich haben geringere Betriebskosten also auch kaum etwas gegenüber dem Jobcenter als anrechenbare Ausgabe entgegen zu stellen.
    Homeoffice kosten werden anteilig von der Miete abgezogen so dass nicht mal die volle Miete angerechnet wird und… Hatz IV legt Selbständige quasi ins künstliche Koma ! Da wäre ebenfalls ein riesen Reformbedarf denn dieses Thema wird nun für viele Soloselbständige oder Kleinunternehmer zur Schuldenfalle werden Anstatt nach den Coronazeiten die Selbständigkeit neu zu fördern

Ältere Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert