Der Regelsatz für das kommende Jahr kann das Existenzminimum nicht mehr sicherstellen. Zu dieser erschreckenden Erkenntnis kommt ein neues Rechtsgutachten der Juraprofessorin Anne Lenze. Sozialverbände sehen daher dringenden Handlungsbedarf.
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Gutachten: Regelsatzanpassung führt zur Unterdeckung
Schon kurz nach Bekanntgabe hagelte es für die Erhöhung des Regelsatzes 2022 massiv Kritik, da sie zu viel zu niedrig sei. Der Paritätische Gesamtverband wollte es aber genau wissen und beauftragte die Darmstädter Juraprofessorin Anne Lenze mit einem Rechtsgutachten. Sie sollte überprüfen, ob die magere Anhebung des Regelsatzes um ein paar Euro mit dem Grundrecht auf Existenzsicherung vereinbar ist.
Das Ergebnis: Wird der Regelsatz 2022 so angepasst, wie es die Bundesregierung vor ein paar Wochen beschlossen hat, droht Hartz IV-Empfänger*innen eine Unterdeckung und damit der Verlust des Existenzminimums. Grund dafür sei vor allem die Senkung der Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte 2020. Denn die habe zu einer stagnierenden Preisentwicklung geführt, die Berechnungsgrundlage für den neuen Regelsatz war.
Das Problem ist aber, dass die Inflation längst wieder Fahrt aufgenommen hat. Die Anpassung hinkt der tatsächlichen Preisentwicklung also hinterher – und zwar so stark, dass der Regelsatz „unter die Schwelle des menschenwürdigen Existenzminimums” herab zu sinken droht, so Lenze.
Hinweis: Mehrwertsteuersenkungen entlasteten Hartz IV-Empfänger*innen nicht
In ihrem Gutachten kommt Anne Lenze auch zu der Erkenntnis, dass die von der Bundesregierung vorgenommene Senkung der Mehrwertsteuer Grundsicherungsempfänger*innen nicht entlastet hat. Vor allem die Mehrkosten, die durch den Wegfall des Schulmittagessens oder durch die intensivere Nutzung der Wohnung anfielen, konnten nicht gedeckt werden.
Sozialverbände richten Appell an Arbeitsminister
Kein Wunder also, dass der Paritätische Gesamtverband zusammen mit 14 weiteren Sozialverbänden einen Appell an Arbeitsminister Hubertus Heil richtet. Das Bündnis fordert nicht nur die Erhöhung des Regelsatzes auf mindestens 600 EUR monatlich, sondern auch eine „rote Linie” bei Hartz IV, sodass Preissteigerungen immer und zeitnah ausgeglichen werden. Versteckte Kürzungen dürfe es nicht mehr geben.
Hartz IV: Zeit der Reformen ist jetzt
Das Gutachten zeigt, dass die nächste Bundesregierung im Bereich Hartz IV einiges aufzuholen hat. Reformversprechen gab es im Wahlkampf immerhin viele. Die SPD beispielsweise plante im Wahlprogramm, Hartz IV durch ein Bürgergeld zu ersetzen und die Kriterien für die Regelsatzermittlung zu überarbeiten.
Auch die Grünen versprachen in einem ersten Schritt mindestens 50 EUR mehr im Monat für Hartz IV-Empfänger*innen und darauf folgend den Weg weg von Hartz IV hin zu einer Garantiesicherung ohne Stigma und Sanktionen. Welche Koalition Deutschland als nächstes regiert, ist noch unklar. Fest steht aber, dass es bei den bisherigen Plänen der GroKo nicht bleiben kann.
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