Damit auch Personen mit wenig Geld, ihre Rechte vor Gericht einklagen können, gibt es die sogenannte Prozesskostenhilfe (PKH). Gerade im Sozialrecht sind Grundsicherungsempfänger*innen, die vom Existenzminimum leben, oft auf die PKH angewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat jetzt entschieden, dass Hartz IV-Empfänger*innen auch dann einen Anspruch auf PKH haben, wenn sich das Verfahren frühzeitig erledigt.
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Hartz IV-Empfänger bleibt auf Gerichtskosten sitzen
Dass Jobcenter ihre Fehler einsehen und Leistungen nachträglichen bewilligen, kommt vor. Genau das wurde aber einem Hartz IV-Empfänger aus Berlin ironischerweise zum Verhängnis. Zunächst strich das zuständige Jobcenter Leistungen, weil er angeblich Einkünfte aus einer Untervermietung beziehe – zu Unrecht, wie sich später herausstellen sollte.
Wegen der daraus resultierenden Mietrückstände drohte der Vermieter des Mannes mit einer Räumungsklage. Verzweifelt wandte sich der Hartz IV-Empfänger an das Sozialgericht und beantragte hierfür Prozesskostenhilfe. Im Verfahren erkannte das Jobcenter seinen Fehler und hob den ablehnenden Bescheid auf. Das Verfahren wurde daraufhin für erledigt erklärt.
Grund zur Freude hatte der Mann aber nicht. Denn das Gericht lehnte im gleichen Zug seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe ab. Die Begründung: Über den Antrag konnte erst entschieden werden, nachdem sich das Jobcenter als Beklagte zum Sachverhalt geäußert hat. Da das Jobcenter jedoch seinen Fehler direkt korrigierte und das Verfahren damit beendete, laufe die Klage ins Leere und habe keinen Erfolg mehr. Eine Erfolgsaussicht sei aber zwingende Voraussetzung für die Bewilligung der PKH.
Hinweis: Keine Gerichtskosten für Hartz IV-Empfänger*innen
Gerichtsverfahren vor einem Sozialgericht sind nach §183 SGG für Hartz IV-Empfänger*innen kostenfrei. Sie müssen keine Gerichtskosten zahlen. Dennoch kommen auf Grundsicherungsempfänger*innen Anwalts- und außergerichtliche Kosten zu, die eventuell eine PKH notwendig machen.
Prozesskostenhilfe nicht im Sozialrecht geregelt
Das LSG beanstandete diese Rechtsauffassung der ersten Instanz. Das Sozialgericht habe zunächst ganz richtig auf die Vorschriften des Zivilprozessrechts zurückgegriffen. Das war auch notwendig, da die Prozesskostenhilfe im Sozialrecht nicht extra geregelt ist. Das Sozialgerichtsgesetz verweist diesbezüglich auf die Regeln der Zivilprozessordnung.
Das SG habe bei der Anwendung der ZPO-Vorschriften jedoch nicht bedacht, dass das Sozialverfahrensrecht anders funktioniere als das Zivilprozessrecht. Während die Erfolgsaussicht einer Klage im Zivilprozess mangels anderer Informationsquellen nur anhand der Schilderungen von Kläger- und Beklagtenpartei ermittelt wird, können Sozialgerichte auch auf Akten aus dem Widerspruchsverfahren und sonstige Unterlagen zurückgreifen. Hier hätte das Gericht auch ohne Stellungnahme des Jobcenters über die PKH entscheiden können und müssen.
LSG: Sinn und Zweck der PKH müssen gewahrt bleiben
Die Prozesskostenhilfe sei eine Ausprägung des Gleichheitsgrundsatzes und des Rechts auf effektiven Rechtsschutz, so das LSG weiter. Es würde ihrem Sinn und Zweck zuwiderlaufen, wenn eine Erledigung des Verfahrens zu lasten der Antragsteller*innen gehe. Das gilt insbesondere deshalb, weil man als Prozesspartei das „Risiko“ einer außergerichtlichen Einigung überhaupt nicht vorhersehen könne.
Zudem würde es Kläger*innen unfair benachteiligen, wenn die Gegenseite eine Entscheidung über die PKH dadurch hinauszögern könnte, weil sie sich einfach nicht zur Sache äußert. Solange der PKH-Antrag schlüssig darlegt, dass der Erfolg einer Klage nicht vollkommen ausgeschlossen sei, müsse das Gericht ihn auch bewilligen.
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