War der Regelsatz 2022 zu niedrig? Mit dieser Frage muss sich bald das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auseinandersetzen. Grund dafür ist eine sogenannte Richtervorlage, die das Sozialgericht (SG) Karlsruhe auf unser Bemühen hin eingeleitet hat. Was genau dahinter steckt und wie es nun weitergeht, erfahren Sie hier.
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Streit um den Bürgergeld-Regelsatz
Die Frage, wie hoch ein menschenwürdiger Regelsatz ausfallen sollte, beschäftigt die Öffentlichkeit schon seit der Einführung des Bürgergeldvorgängers Hartz IV. Doch letztes Jahr hat diese Evergreen-Debatte besonders an Fahrt aufgenommen. Nach der geringsten Regelsatzerhöhung aller Zeiten von gerade einmal 0,76 % (das entsprach ungefähr drei Euro) fragten sich viele Betroffene zurecht, wie sie nun über den Monat kommen sollen.
Auf der anderen Seite war 2022 das Inflationsjahr schlechthin: Allein im Dezember 2021 betrug die Inflation ganze 5,3 % im Vergleich zum Vorjahresmonat – Tendenz steigend. Die Lebensmittelpreise stiegen in diesem Zeitraum sogar um bis zu 6 %.
Im Ergebnis hing der Regelsatz der tatsächlichen Preisentwicklung deutlich hinterher und statt einer Erhöhung gab es für Leistungsempfänger:innen eine faktische Kürzung des Regelsatzes. Für uns war daher schnell klar, dass das zugesicherte Existenzminimum so auf keinen Fall gedeckt war!
Hinweis: Regelsatzerhöhung 2022 entspricht einer Sanktion
Vergleicht man den Regelsatz 2022 mit der Preisentwicklung aller im Regelsatz aufgeführten Güter im selben Zeitraum, ergibt sich ein erschreckendes Bild. Die tatsächlich anfallenden Kosten lagen im Schnitt 10 % über dem ausgezahlten Regelsatz. Das bedeutet: Leistungsempfänger:innen wurden das ganze Jahr über so gestellt, als wären sie wegen einer Pflichtverletzung sanktioniert worden!
Verfahren vor dem SG Karlsruhe könnte Durchbruch werden
Auch uns ist diese Diskrepanz zwischen Regelsatz und der tatsächlichen Preislage nicht entgangen. Daher haben wir seit Dezember 2021 in mehreren Verfahren die Anpassung als verfassungswidrig gerügt. Zwar haben wir einen Großteil der Fälle für uns entscheiden können, unsere Einwände bezüglich der Regelsatzänderungen wurden von den meisten Gerichten aber nicht weiter verfolgt.
Hintergrund ist vermutlich der hohe Arbeitsaufwand, der bei einer Beschäftigung mit dem Thema auf die Gerichte zukommt: Richter:innen haben nach Art. 100 des Grundgesetzes die Möglichkeit, ein Gesetz durch das BVerfG auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen. Dafür ist aber ein ausführlich begründeter Antrag vonnöten, für den im kaputt gesparten Sozialgerichtssystem neben den anderen Aufgaben einfach keine Zeit ist.
Aus Angst davor, als „Störenfried“ zu gelten und ihre Chancen auf eine Beförderung zu verlieren, vermeiden viele Richter:innen daher eine Vorlage an das BVerfG. Umso schwerer ist es also, ein Gericht davon zu überzeugen, das BVerfG auf den Fall anzusetzen. Doch nach einigen Fehlschlägen konnten wir mit unserer Klage einen Richter in Karlsruhe schließlich überzeugen. Jetzt liegt seine Vorlage beim Bundesverfassungsgericht, das nunmehr über die Verfassungsmäßigkeit der Anpassung entscheiden muss.
Hinweis: BVerfG schon 2019 zu Hartz IV entschieden
Kritik zum damaligen Hartz IV gab es vom BVerfG bereits 2019. Damals entschieden die Verfassungsrichter:innen noch über angemessene Sanktionshöhen, mahnten gleichzeitig aber auch an, dass die bisherigen Leistungen gerade noch so das Existenzminimum sicherstellen könnten.
BVerfG entscheidet zu Regelsatz 2022
Ob das BVerfG sich unserer und der Auffassung des SG anschließen wird, ist offen. Aber allein die Tatsache, dass sich auf höchster Ebene mit den Problemen von Bürgergeld-Empfänger:innen beschäftigen wird, ist jedoch bereits ein Teilerfolg.
Sollten die Verfassungsrichter:innen tatsächlich zu dem Schluss kommen, dass das Existenzminimum unterschritten ist, muss die Politik nachbessern und sicherstellen, dass bei zukünftigen Anpassungen die Inflation angemessen berücksichtigt wird. Und das wäre immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung
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TOP an diese Anwälte. Endlich mal Menschen, die sich für Menschen einsetzen,
die durch die menschenschädlichen Ungerechtigkeiten u. a. auch in ihrer Gesundheit geschädigt werden.
Weiter so. Danke.
Namaste! Uwe