Das Bundesverfassungsgericht hat heute erstmals über die Leistungskürzungen für Hartz 4-Empfänger entschieden. Hartz 4-Empfänger können aufatmen. Sie müssen keine drastischen Kürzungen oder eine vollständige Streichung ihrer Leistungen mehr befürchten.
Sanktionen teilweise verfassungswidrig
Die Richter des Bundesverfassungsgerichts sind der Auffassung, dass die Sanktionen bei Pflichtverletzungen teilweise verfassungswidrig sind. Zwar dürfen die Jobcenter weiterhin bei Verstößen gegen Auflagen eine Leistungskürzung von maximal 30 Prozent vornehmen. Sanktionen in Höhe von 60 oder 100 Prozent, bei Verletzung einer Mitwirkungspflicht, seien jedoch nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar.
Sanktionen stellen eine außerordentliche Belastung dar
Seit dem Jahr 2005 sanktionierte das Jobcenter Hartz 4-Empfänger nach dem Prinzip “Förder und Fordern”. Wer sich weigerte Jobangebote anzunehmen, musste am Ende damit rechnen, dass seine Leistungen um 30 Prozent gekürzt wurden. Hartz 4-Empfänger, die in einem Jahr mehrfach negativ aufgefallen sind, mussten sogar mit einer Sanktion von 60 oder 100 Prozent rechnen. Gestrichen wurde in diesem Fall nicht nur die Regelleistung, sondern auch die Kosten für Unterkunft und Heizung.
Dieses Vorgehen würde aber zu weit in den Bereich des grundrechtlich geschützten Existenzminimums eingreifen, verkündete Vizegerichtspräsident Stephan Harbarth bei der Urteilsverkündung.
Achtung: Starre Fristen nicht mehr zwingend
Bisher war es so: War die Sanktion einmal verhängt, galt diese für drei Monate. Das Bundesverfassungsgericht ist der Auffassung, dass diese Frist zu starr sei. Bei einer positiven Verhaltensänderung des Hartz 4-Empfängers kann die Frist für die Sanktion auch verkürzt werden.
Härtefall muss berücksichtigt werden
Die Richter des Bundesverfassungsgericht sind zudem der Auffassung, dass bei einer Sanktion stärker auf den Einzelfall geschaut werden müsse. Zwar seien Sanktion von maximal 30 Prozent weiterhin möglich. Stellt die Sanktion nach einer Einzelfallprüfung jedoch eine außerordentliche Härte für den Hartz 4-Empfänger dar, kann das Jobcenter auch auf die Verhängung einer Sanktion verzichten.
Junge Hartz 4-Empfänger müssen weiterhin mit härteren Sanktionen rechnen
Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft jedoch nur Hartz 4-Empfänger, die über 25 Jahre alt sind. Für die unter 25-Jährigen bleibt die bekannte Sanktionspraxis bestehen. Grund hierfür ist, dass Gegenstand des Verfahrens lediglich die Sanktionen für über 25-Jährige war.
Auch mit der Kürzung der Leistungen um 10 Prozent, für das Nichterscheinen zum Meldetermin, hat sich das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil nicht befasst.
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