Mit der Umstellung von Hartz IV auf Bürgergeld zu Beginn dieses Jahres wurde auch die Pflicht zur postalischen Erreichbarkeit zeitweise ausgesetzt. Mit der zweiten Reformwelle am 1. Juli sollte aber eine Folgeregelung in Kraft treten, die die Erreichbarkeitspflicht wieder einführt. Doch die lässt auf sich warten: Nach wie vor liegt nur ein Referentenentwurf vor. Wir klären, welche Folgen das für Leistungsbeziehende hat.
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Erreichbarkeitsverordnung noch in frühem Stadium
Große Reformen wie das Bürgergeld sind ein Einfallstor für politische Fehler und Versäumnisse. Eine besonders große Panne hat sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geleistet. Eigentlich sollte das Ministerium bis spätestens Juli eine Rechtsverordnung erlassen, die den ehemaligen, zum 1. Januar dieses Jahres abgeschafften § 77 SGB II ersetzen soll.
Darin wurde bis vor kurzem noch die Erreichbarkeit geregelt und enthielt einen Verweis zur Erreichbarkeitsverordnung des SGB III. Das hatte zur Folge, dass das SGB III in dem Kontext auch für Bürgergeld-Beziehende galt. Da dieser Verweis aber seit Januar aber nicht mehr existiert, muss jetzt eine Folgeregelung her.
Hinweis: Gesetze vs. Verordnungen
Anders als Gesetze werden Verordnungen nicht von unserem Parlament, dem Bundestag, erlassen, sondern von Verwaltungsorganen – insbesondere den Ministerien. Die dürfen eine Verordnung aber nur dann erlassen, wenn ein Gesetz das ausdrücklich erlaubt.
Keine Pflicht zur postalischen Erreichbarkeit
Diese mehr oder weniger geplante Gesetzeslücke hat auch konkrete Auswirkungen auf Ihren Leistungsbezug. Seit dem 1. Januar sind Sie nicht mehr dazu verpflichtet, für das Jobcenter postalisch erreichbar zu sein. Es fehlt schlicht und ergreifend an einer gesetzlichen Grundlage.
Das heißt gleichzeitig, dass jegliche Sanktionen, die ab Januar wegen postalischer Nichterreichbarkeit ausgesprochen wurden, rechtswidrig sind und es bis zur Verkündung einer neuen Verordnung bleiben werden.
Kritik an der neuen Erreichbarkeitspflicht
Zwar ist das Verordnungsverfahren noch im Gange, der Referentenentwurf des BMAS ist allerdings schon online einsehbar. Kritikwürdig ist vor allem § 6 der neuen Verordnung: Er sieht vor, dass Bürgergeld-Empfänger:innen nicht erreichbar sein müssen, sofern sie sich im Zuge einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit außerhalb des näheren Bereichs aufhalten.
In der Form würde die Verordnung allerdings Selbstständige, Minijobber:innen und Freiberufler:innen enorm benachteiligen. Denn aufgrund der fehlenden Versicherungspflicht dürften sie sich ohne Zustimmung des Jobcenters gar nicht außerhalb des näheren Bereichs aufhalten – und könnten ihrer Tätigkeit nicht nachkommen. Zumindest nicht ohne Leistungskürzungen zu riskieren. Hier müssen Sozialminister Hubertus Heil und das BMAS noch nachjustieren.
Wann eine neue Erreichbarkeitsverordnung erlassen wird, bleibt abzuwarten. Erhalten Sie bis dahin einen Ablehnungs- oder Sanktionsbescheid wegen fehlender postalischer Erreichbarkeit, holen Sie sich Unterstützung von unseren Partneranwältinnen und Partneranwälten. Sie prüfen kostenlos Ihre Bescheide und legen Widerspruch bei Fehlern ein.
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Ja was soll’s ?
Die Jobcenter hier in Berlin sind seit Beginn der Umstellung von H4 zu Bürgergeld nicht mal in der Lage, die angekündigten Berechtigungsnachweise zu verschicken, wozu sie laut Gesetz verpflichtet wären.
Die haben schlicht NICHTS mehr im Griff.
Abgesehen vom Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg, welches sich sogar einen Umzug in ein Neues, Millionenschweres Dienstgebäude an der Landsberger Allee leisten konnten.
Es gab doch auch schon die Äußerung eines Jobcenters, dass es sie nicht interessieren würde, wie die Leute an diese Bescheinigung kommen.