Ein Langzeitarbeitsloser konnte seinen neuen Job nicht antreten, weil die Mietkaution für seine neue Wohnung zu hoch gewesen wäre. Das Jobcenter sah darin ein sozialwidriges Verhalten. Nun hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen den Fall entschieden.
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Jobcenter nimmt Arbeitslosigkeit von Bürgergeld-Empfänger in Kauf
Jobcenter haben vor allem eine Aufgabe: Bürgergeld-Empfänger:innen bei der Suche nach Arbeit oder einer Ausbildung zu unterstützen. Und doch gibt es immer wieder Fälle, in denen Sachbearbeiter den Betroffenen sogar noch Steine in den Weg legen. Ein Langzeitarbeitsloser aus Osnabrück hat das erst kürzlich am eigenen Leib erfahren müssen. Nach Jahren der Beschäftigungsflaute ergab sich für ihn die Möglichkeit, als Buchhalter bei einer Polizeidienststelle anzufangen.
Es gab allerdings einen Haken: Um seinen Job antreten zu können, hätte der Bürgergeld-Empfänger umziehen müssen. Das Jobcenter war zwar bereit, die Kosten für Wohnungsbesichtigungen und einen Umzug zu übernehmen, die Mietkaution dagegen sei Sache des Jobcenters vor Ort. Doch auch dort fühlte man sich nicht zuständig und wies den Mann auf dessen Nachfrage hin ab.
Da der Buchhalter wegen der fehlenden Hilfsbereitschaft beider Jobcenter keine Wohnung fand, konnte er nicht zur Arbeit erscheinen und wurde relativ schnell wieder gekündigt.
Achtung: Jobcenter gewährt nur Darlehen für Kaution
Im Regelfall gewährt das Jobcenter die Übernahme der Mietkaution nicht als Zuschuss, sondern als Darlehen, das Sie später zurückzahlen müssen.
Jobcenter geht von Sozialwidrigkeit aus
Und was macht das Jobcenter? Das kürzte die Leistungen des Grundsicherungsempfängers wegen angeblichen sozialwidrigen Verhaltens. Der Mann habe seine Hilfebedürftigkeit bewusst aufrechterhalten und daher seinen Anspruch auf Bürgergeld verwirkt. Es kam zum Rechtsstreit, der schließlich mit einem Sieg des Bürgergeld-Empfängers vor dem LSG endete.
LSG: Verhalten war nicht sozialwidrig
Sozialwidrig habe sich der Kläger nicht verhalten – im Gegenteil. Er habe immer wieder auf die Dringlichkeit seiner Situation hingewiesen, nach Alternativen gesucht und sei mehrmals aktiv auf das Jobcenter zugegangen, so die Richter:innen. Folgende drei Gründe waren für das Gericht bei seiner Urteilsfindung von zentraler Bedeutung:
- Nur ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten ist sozialwidrig. Der Begriff ist eng auszulegen.
- Das Jobcenter habe seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es den Betroffenen die ganze Zeit abgewimmelt und ihm Informationen bewusst vorenthalten hat.
- Um die Wohnung auch ohne die Hilfe des Jobcenters bekommen zu können, hätte der Kläger eine Straftat (Betrug nach § 263 des Strafgesetzbuches) begehen müssen. Das sei schlicht nicht zumutbar.
„Zusammengefasst kann dem Kläger, der in einer rasches und klares Behördenhandeln erfordernden Situation von beiden in Betracht kommenden SGB II-Leistungsträgern vollkommen ‚allein gelassen‘ wurde, kein sozialwidriges Verhalten i.S.d. § 34 SGB II vorgeworfen werden“, heißt es am Ende der Urteilsbegründung.
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