Frau steckt einen Euro ins Portemonnaie

Bürgergeld: BDA-Hauptgeschäftsführer kritisiert Ampel-Pläne

Während sich die Politik über die Einführung des Bürgergeldes einig ist, nimmt Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, das Vorhaben auseinander. Offenbar im Klischeedenken gefangen, geht er davon aus, dass Vertrauenszeit und fehlende Sanktionen dazu führen werden, dass viele Leistungsempfänger:innen ihre soziale Hängematte aufspannen – um es überspitzt auszudrücken.

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Referentenentwurf: Inhalte zur Arbeitsmarktpolitik

Mit der Einführung des Bürgergeldes sollen Langzeitarbeitslose einen Vertrauensvorsprung erhalten. Der Referentenentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil sieht vor, dass es in den ersten sechs Monaten des Bezuges von Bürgergeld zu keiner Anordnung von Maßnahmen – sei es die Teilnahme an Kursen zur Integration in den Arbeitsmarkt oder die Aufforderung, sich auf eine Stelle zu bewerben – kommen soll.

Vielmehr soll die Anfangszeit der Stärkung des (Vertrauens-)Verhältnisses zwischen Bezugsberechtigten und Integrationsfachkräften dienen und so eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe ermöglichen. Erst danach, so sieht es der Entwurf vor, sollen Absprachen zu Mitwirkungspflichten getroffen werden – wobei Pflichtverletzungen Sanktionen nicht per se ausschließen.

Hinweis: Sanktionsmoratorium

Aktuell kommt es zu keinen Sanktionen bei Pflichtverletzungen. Wer sich also weigert, eine Arbeit auf- oder an einer Maßnahme teilzunehmen, muss nicht mit Konsequenzen rechnen. Wohl aber kann es zu Leistungskürzungen bei wiederholten Meldeversäumnissen kommen.

Regelungen als Kuschelkurs gewertet

Arbeitgebern soll vor allem die Vertrauenszeit ein Dorn im Auge sein. So kritisiert Steffen Kampeter, dass die Umsetzung der Pläne keine Brücke ins Arbeitsleben bedeute, sondern vielmehr Arbeitslosigkeit unterstütze. Heißt im Klartext: Für Langzeitarbeitslose fehle der Anreiz, eine Arbeit aufzunehmen – eine Gegenleistung würde schließlich nicht erwartet. „Das ist das Gegenteil, was erforderlich ist“, so der BDA-Hauptgeschäftsführer.

Der Grundstein seiner Kritik liegt im akuten Fach- und Arbeitskräftemangel. Ob aber ein Arbeitszwang Abhilfe schafft, darf infrage gestellt werden. Immerhin bedeutet gerade die geplante individuelle Betrachtung jedes einzelnen Langzeitarbeitslosen eine echte Chance. In den ersten sechs Monaten wird sich schließlich nicht ausgeruht. Die Zeit dient unter anderem der Feststellung von Kompetenzen.

Hinweis: Kompetenzfeststellungsverfahren

Anhand eines Kompetenzfeststellungsverfahrens sollen Stärken und Entwicklungspotenziale von Hartz 4-Empfänger:innen besser herausgestellt werden. Jobs und andere Maßnahmen können so weitaus gezielter ausgewählt und angeboten werden.

Schließlich kann davon ausgegangen werden, dass kompetenzgerechte Stellenangebote und Maßnahmen die Integration in den Arbeitsmarkt nachhaltig stärken und möglicherweise auch den einen oder anderen Arbeitskräftenotstand beheben.

Kampeter stellt Bürgergeld als Reise in die Vergangenheit dar

Steffen Kampeter hegt da aber andere Gedanken: Er stempelt Heils Entwurf zum Bürgergeld als Rückfall in die 80er und 90er Jahre ab. Zwangsläufig drängt sich aber auch die Frage auf, wie modern die Denkweise des BDA-Geschäftsführers ist?

Ist ein derartiges Klischeedenken vertretbar – auch vor dem Hintergrund der anhaltenden Inflation? Oder ist es nicht vielmehr so, dass zahlreiche Leistungsbeziehende Hartz 4 gegen einen Job mit ausreichend Einkommen tauschen würden? Und ist es wirklich vermessen, den Anspruch zu stellen, eine Tätigkeit aufnehmen zu wollen, die einem selbst auch liegt und bestenfalls Freude bereitet? Immerhin schenken Menschen ihren Arbeitgebern einen Großteil ihrer Lebenszeit – ein Denkanstoß!

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Geschrieben von: Paul zu Jeddeloh

Seit 2019 bereichert er unser Anwalts-Team und macht sich für die Rechte von Bürgergeld-Empfänger:innen stark. Soziale Ungerechtigkeiten räumt er aus dem Weg. Sein weitreichendes Know-how aus vergangenen Fällen und sein tiefgreifendes Wissen über aktuelle Entwicklungen im Sozialrecht verhelfen zahlreichen Ratsuchenden zum Recht.

Eine Antwort auf „Bürgergeld: BDA-Hauptgeschäftsführer kritisiert Ampel-Pläne“

  1. Immer diese Angst vor Menschen, die das System ausnutzen könnten. Sorry, aber kein psychisch gesunder kommt auf ewig ohne auch kleine Erfolgserlebnisse, soziale Kontakte und einer gewissen Regelmäßigkeit aus. Geschweige denn mit den Zuwendungen und den genehmigtem Wohnraum – in oft stigmatisierenden Gegenden.
    Und wenn doch, dann liegt vielleicht doch der Verdacht auf nicht genannte “Förderer”, “Nachbarschafts”hilfe oder auch graue Vermögen nah.
    Andererseits, ja, zuweilen kann eine Auszeit zur Neuorientierung auch mal nötig sein. Egal ob für die Familie, die Gesundheit oder auch kreative Arbeit, Ehrenamt und Gründung eines kleinen Unternehmens.
    Verfolgt und kontrolliert werden jedoch meist die, die sich am wenigstens zu wehren wissen.
    So gesehen wäre ein BGE sicher eine gute Idee – nur, wie soll man gegen falschen Neid und verlogene Fakten vorgehen ?

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