Widerspruchfrist verlängert sich

Belehrungen der Jobcenter sind massenweise fehlerhaft – Fristen verlängern sich

Die Rechtsbehelfsbelehrung gehört zu jedem Bescheid vom Jobcenter dazu. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat jetzt festgestellt, dass eine bestimmte Passage in der Belehrung irreführend ist. Hartz IV-Empfänger*innen profitieren in der Folge von verlängerten Widerspruchsfristen.

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Hartz IV-Empfängerinnen reichen Widerspruch zu spät ein

Konkret ging es um zwei Hartz IV-Empfängerinnen aus dem Landkreis Stade, die sich gegen den Bescheid ihres zuständigen Jobcenters wehren wollten. Diesen erhielten sie am 17. März. Die Behörde forderte darin von den beiden Frauen angeblich zu viel gezahlte Leistungen zurück.

Das Problem: Die Grundsicherungsempfängerinnen legten erst am 30. April – also nach Ablauf der Widerspruchsfrist von einem Monat – ihren Widerspruch ein. Das erkannte das Jobcenter natürlich, wies den Widerspruch ab und begann mit der Vollstreckung des ursprünglichen Bescheids. Dagegen klagten die Hartz IV-Empfängerinnen. Weil die Rechtsbehelfsbelehrung im ersten Bescheid fehlerhaft war, habe sich die Widerspruchsfrist auf ein Jahr ausgeweitet, so die Begründung der Frauen.

LSG weitet Widerspruchsfrist aus

Dieser Auffassung schloss sich das LSG an. Denn in der Rechtsbehelfsbelehrung des Jobcenters stand, dass ein Widerspruch schriftlich zur Niederschrift bei einer zuständigen Stelle oder elektronisch durch einen Rechtsbeistand eingelegt werden könne. Tatsächlich stehe das elektronische Widerspruchsverfahren aber jedem offen und nicht nur Rechtsanwält*innen, so das Gericht. Die Belehrung sei damit faktisch falsch und genüge nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen.

Nach §66 SGG erweitere sich deshalb die Widerspruchsfrist auf ein Jahr. Der Widerspruch der Hartz IV-Empfängerinnen sei also noch rechtzeitig eingelegt worden, und das Jobcenter könne nicht mehr so einfach seinen Bescheid vollstrecken.

Hinweis: Fristversäumnis muss nicht auf falscher Belehrung beruhen

Das Gericht stellt in seiner Entscheidung auch klar, dass es egal ist, ob die Frist gerade wegen einer fehlerhaften Belehrung versäumt wurde oder aus einem anderen Grund. Der Wortlaut des §66 SGG sei hier eindeutig.

Fehlerhafte Belehrung schon länger bekannt

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Landessozialgericht die Rechtsbehelfsbelehrung als fehlerhaft einstuft. Bereits im Mai hat das Landessozialgericht Schleswig-Holstein einen ähnlichen Beschluss gefällt. Die aktuelle Entscheidung aus Niedersachsen zeigt, dass sich immer mehr Sozialgerichte dieser Rechtsprechungslinie anschließen.

Weil die in den Entscheidungen aufgegriffene Belehrung eine Standardformulierung ist, die sehr häufig von Jobcentern genutzt wird, gilt die verlängerte Widerspruchsfrist in zahllosen Fällen. Vielleicht ist Ihrer ja auch dabei?

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Geschrieben von: Paul zu Jeddeloh

Seit 2019 bereichert er unser Anwalts-Team und macht sich für die Rechte von Bürgergeld-Empfänger:innen stark. Soziale Ungerechtigkeiten räumt er aus dem Weg. Sein weitreichendes Know-how aus vergangenen Fällen und sein tiefgreifendes Wissen über aktuelle Entwicklungen im Sozialrecht verhelfen zahlreichen Ratsuchenden zum Recht.

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