Für die Enthüllung von Hartz 4-Betrügern werden Daten von verschiedenen Behörden abgeglichen.

Automatisierter Datenabgleich: Wie das Jobcenter Betrüger enthüllt

Der Missbrauch von Hartz 4-Leistungen sinkt. Auch wir haben in der vergangenen Woche darüber berichtet. Nichtsdestotrotz wurden im Jahr 2018 rund 144.000 Fälle aufgedeckt. 88.000 von ihnen durch den automatisierten Datenabgleich. Doch wie funktioniert dieser überhaupt?

Welche Methoden bei einer Überprüfung genutzt werden

Einige Menschen beziehen Leistungen, die ihnen rechtlich nicht zustehen. Das passiert zum Teil bewusst, aber nicht selten auch aus Versehen. Schon eine fehlende oder nicht nachgereichte Angabe kann die Ursache sein. Nicht angegebene Nebenverdienste, eine kleine zusätzliche Rente oder ein plötzliches Erbe können Veranlassung zum Missbrauchsvorwurf geben.

Wie Datenfahnder im Detail vorgehen, eröffnen sie nicht. Man möchte vermeiden Betrügern Handlungsanweisungen zu liefern, wie sie den Staat am besten austricksen können.

Hinweis: Kontrolle auf gesetzlicher Grundlage

Eine sehr ergiebige Methode ist der automatisierte Datenabgleich. Dieser stellt die wichtigste Kontrollmöglichkeit dar und ist im SGB II im Kapitel „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ in Paragraf 52 verankert. Diese Form der Überprüfung basiere nach Angaben eines Jobcenter-Sprechers auf einer klaren gesetzlichen Grundlage.

Wie funktioniert der automatisierte Datenabgleich?

Mit dem automatisierten Datenabgleichen kommen Jobcenter denjenigen auf die Schliche, die zu Unrecht Leistungen beziehen. Es werden Informationen mehrerer Behörden eingeholt und überprüft. So sollen die Jobcentern leichter erkennen können, ob ein Arbeitsloser die Leistungen zu Recht erhält oder ob dieser bei den Antragstellern wichtige Informationen unterschlagen hat und folglich Leistungen zu Unrecht erhält.

Wie wird vorgegangen?

Vier Mal im Jahr, jeweils zu Beginn der Monate Januar, April, Juni und Oktober, werden die Daten unterschiedlicher Behörden miteinander abgeglichen. Das passiert in Würzburg, bei der Datenstelle der Rentenversicherungsträger. Von dort aus werden dann die einzelnen Verdachtsfälle an die Jobcenter weitergeleitet.

Die Auskünfte folgender Stellen fließen beim Datenabgleich zusammen:

  • Deutsche Post AG (Renten Service)
  • Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
  • Datenstelle der Rentenversicherung
  • Bundesagentur für Arbeit
  • Bundeszentralamt für Steuern
  • Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen

88.000 Missbrauchsfälle enthüllt

Im vergangenen Jahr wurden allein durch den Computerabgleich 88.000 Missbrauchsfälle aufgedeckt. Insgesamt wurden 56,9 Millionen Euro zu viel Hartz 4-Leistungen ausgezahlt. Hauptgrund mit fast 95 % sind nicht angegebene Zusatzverdienste durch einen Nebenjob gewesen.

Neben den Hartz 4-Leistungen wurde ein nicht gemeldetes Einkommen aus einer geringfügigen oder versicherungspflichtigen Beschäftigung bezogen. Weitere 4 % der Betroffenen gaben nicht an, dass sie noch weitere Leistungen erhalten.

Mögliche Folgen

Ist nachweislich ein Missbrauch aufgedeckt, ist die Konsequenz meist die Verhängung von Sanktionen. Die Betroffenen müssen das zu viel erhaltene Geld zurückzahlen. Zusätzlich drohen Verwarnungs- und Bußgelder. In besonders schweren Fällen leiten die Jobcenter den Leistungsmissbrauch auch an die Strafverfolgungsbehörden weiter.

Achtung: Bei Hartz 4-Missbrauch droht Gefängnis

Im vergangenen Jahr verhandelten die Staatsanwaltschaften 8823 Fälle. Insgesamt verurteilten sie die Täter zu Geldstrafen in Höhe von 6,5 Millionen Euro. Vereinzelt kam es auch zu Haft- und Bewährungsstrafen.

Die meisten Leistungsempfänger handeln gewissenhaft

88.000 durch den automatisierten Datenabgleich aufgeklärte Fälle seien in Anbetracht der Tatsache, dass es rund 4 Millionen Leistungsempfänger gibt, ein sehr geringer Teil, laut Angaben eines Sprechers der Bundesagentur. Die meisten Leistungsempfänger machen ihre Angaben demnach nach bestem Wissen und Gewissen. Die Zahl der aufgedeckten Missbrauchsfälle nimmt, wie wir auch schon vergangenen Woche berichtet haben, weiter ab.

Wie können Sie sich vor Missbrauchsvorwürfen schützen?

Teilen Sie dem Jobcenter immer wahrheitsgemäß mit, wenn sich etwas an Ihrer Einkommenssituation ändert. Reichen Sie die entsprechenden Nachweise im Original und unverfälscht ein. Damit Sie Überzahlungen vermeiden, müssen Sie bestimmte Dinge abschätzen, zum Beispiel, wie lange ein Kind in Ihrer Bedarfsgemeinschaft leben wird.

Das Ziel ist es, einerseits nicht zu viel Geld zu erhalten und andererseits keine Bedarfsunterdeckung herbeizuführen. Dafür sollten Ihre Prognosen möglichst akkurat sein. Falls sich im Nachhinein herausstellt, dass die Entwicklung nicht den Erwartungen entspricht, sollten Sie dem Jobcenter unverzüglich eine aktualisierte Einschätzung geben.

 

 

 

 

 

 

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Geschrieben von: Dr. Philipp Hammerich

Er promovierte an der Universität Hamburg und arbeitet u.a. als Dozent und Gesellschafter für das juristische Repetitorium Hemmer sowie den Fachanwaltslehrgang und die Wirtschaftsprüferausbildung von econect. Als Mitgründer der Legal Tech Kanzlei rightmart und als Anwalt von hartz4widerspruch.de gibt er seine Einschätzung zu politischen und juristischen Entwicklungen im Bereich Bürgergeld.

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