Teil der Mitwirkungspflichten von Bürgergeld-Empfänger:innen sind Auskünfte über ihre Betriebs- und Nebenkosten offenzulegen. In bestimmten Fällen können aber auch Dritte von dieser Auskunftspflicht betroffen sein – z.B. Vermieter. Welche rechtlichen Grenzen bei Nachfragen an selbige für das Jobcenter gelten, hat das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt jetzt klargestellt.
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Jobcenter wendet sich für Nebenkostenabrechnung an Vermieter
Sind Bürgergeld-Empfänger:innen nicht willens oder nicht in der Lage dazu, Auskunft über ihre Nebenkosten zu geben, kann sich das Jobcenter stattdessen an den Vermieter wenden. Der muss aber nur begrenzt Informationen zum Warmwasserverbrauch oder den Heizkosten seiner Mieter:innen preisgeben, entschied das LSG Anfang März.
Dem Ausgangsfall lag ein Streit zwischen einem Vermieter und einem Jobcenter zugrunde: Um mögliche Rückforderungsansprüche mit seinen Leistungsbeziehenden zu klären, hat das Jobcenter von ihnen die Betriebskostenabrechnung für die Jahre 2018 und 2019 angefordert. Doch auch nach mehrfacher Nachfrage haben die Mieter:innen nicht reagiert.
Deshalb wandte sich das Amt an den Wohnungseigentümer, forderte die entsprechenden Dokumente von ihm an und drohte mit einem Bußgeldverfahren, falls dieser der Anfrage nicht nachkommen sollte. Hiergegen wandte sich der Wohnungsgeber mit einer Klage.
Hinweis: Vermieter muss Mietern eine Betriebskostenabrechnung ausstellen
Vermieter sind nach § 556 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) rechtlich dazu verpflichtet, ihren Mieter:innen regelmäßig eine detaillierte Betriebs- bzw. Nebenkostenabrechnung zukommen zu lassen, sofern der Mietvertrag diese Kosten auf die Wohnungsnehmer:innen umlegt.
Auskunftspflicht des Vermieters nach dem SGB II nur eingeschränkt
Das LSG gab der Klage des Vermieters statt und stufte die Nachfrage des Jobcenters als rechtswidrig ein. Die Richter:innen stützen ihre Entscheidung im Wesentlichen auf zwei Gründe:
- Der Anspruch des Jobcenters erstreckt sich nur auf Auskunft, nicht aber auf die Vorlage von Beweisunterlagen wie der Nebenkostenabrechnung.
- In der Betriebs- bzw. Nebenkostenabrechnungen sind Informationen enthalten, die das Jobcenter vom Vermieter gar nicht einfordern darf.
§ 60 SGB II räume dem Jobcenter zwar ein Nachfragerecht beim Vermieter ein. Dieses sei aber im Gegensatz zu den Mitwirkungspflichten von Bürgergeld-Empfänger:innen stark eingeschränkt. Es berechtige das Jobcenter nur zur Abfrage gewisser Informationen, die für den Leistungsbezug relevant sind. Eine Pflicht des Vermieters, Nachweise über diese Informationen vorzulegen, gäbe es aber nicht.
Zudem gingen aus einer umfassenden Betriebs- bzw. Nebenkostenabrechnung Daten wie:
- das Verbrauchsverhalten der Leistungsberechtigten,
- die Angabe der Höhe der Abschläge oder
- die Anzahl der Nutzenden
hervor, die das Jobcenter nur von den Grundsicherungs-Empfänger:innen selbst, nicht aber vom Vermieter abfragen darf.
Bürgergeld-Empfänger trifft strengere Mitwirkungspflicht
Das LSG-Urteil verdeutlicht, wie unterschiedlich die Maßstäbe für Vermieter und Bürgergeld-Empfänger:innen sind, wenn es um deren Auskunftspflichten geht. Das Jobcenter darf von Leistungsbeziehenden grundsätzlich mehr und vor allem detaillierte Informationen verlangen, während es sich bei Wohnungsgebern nur mit den allernötigsten Daten zufrieden geben muss. Ämter, die versuchen, diesen klaren gesetzlichen Rahmen zu umgehen, handeln eindeutig rechtswidrig.
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