Das Bild vom Bürgergeld als „soziale Hängematte“ lässt in konservativen Kreisen immer wieder Forderungen nach einer Arbeitspflicht für Bezieher:innen aufkommen. Nun plant die Stadt Essen, einen Großteil ihrer Grundsicherungsempfänger:innen zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten – inklusive jährlicher Gesundheits-Cheks. Doch ist das überhaupt erlaubt?
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Gemeinnützige Arbeit für Essens Bürgergeld-Empfänger
Knapp einen Monat vor den Bundestagswahlen sorgt ein Vorschlag der Stadtverwaltung Essen für Schlagzeilen. Peter Renzel, der das Dezernat für Soziales, Arbeit und Gesundheit in der Großstadt leitet, will arbeitslose Menschen mit gemeinnütziger Arbeit versorgen. Mindestens drei Stunden pro Tag sollen Leistungsempfänger:innen Müll aufsammeln oder Park- und Sportanlagen in Schuss halten. Wer sich weigert, muss mit Sanktionen rechnen – ganz nach dem Motto „Wer arbeiten kann, soll auch arbeiten“.
Renzel begründet seinen Vorschlag damit, dass es nur billig und gerecht wäre, der Allgemeinheit etwas zurückzugeben. Schließlich finanziere sie das Bürgergeld. Gleichzeitig erhofft sich der CDU-Politiker einen Rückgang der Schwarzarbeit, der „nicht sehr wenige Leistungsempfänger“ nachgingen.
Hinweis: Arbeitspflicht soll auch für Asylbewerber:innen gelten
Neben Bürgergeld-Empfänger:innen will Renzel auch Asylbewerber:innen zur gemeinnützigen Arbeit verpflichten. Im Idealfall würden Sprachkurse begleitend angeboten.
Jährliche Gesundheits-Checks
Um zu gewährleisten, dass auch nur gesunde Menschen den Dienst antreten, sollen regelmäßige, medizinische Untersuchungen Teil des Konzepts werden. Der örtliche Gesundheitsdienst muss mindestens einmal im Jahr überprüfen, wer arbeiten kann und wer nicht. Arbeitsunfähige Bezieher:innen sollen besondere Unterstützung vom Sozialamt bekommen – der Rest muss ackern.
Arbeitspflicht für Bürgergeld-Empfänger rechtswidrig
Renzels Reformvorschläge verstoßen jedoch klar gegen geltendes Sozialrecht. Momentan dürfen Jobcenter eine ärztliche Untersuchung nur dann anordnen, wenn sie für die Gewährung von Leistungen erforderlich ist (§ 62 Erstes Sozialgesetzbuch). Der Vorschlag des Sozialdezernenten geht aber weit darüber hinaus, da die Check-Ups dazu dienen sollen, Beschäftigungsfähige von Beschäftigungsunfähigen zu trennen – unabhängig von Leistungsansprüchen.
Die Verpflichtung zur gemeinnützigen Arbeit wiederum wäre unter denselben Bedingungen wie die sogenannten 1-Euro-Jobs theoretisch möglich, setzt aber voraus, dass:
- sie zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist und
- die Maßnahmen das Entstehen oder Besetzen von „echten“ Arbeitsplätzen nicht verhindern
Entsprechend groß wäre der Begründungsaufwand, den die Jobcenter in jedem einzelnen Fall aufwenden müssten. Auch der von Renzel gewünschte Effekt dürfte in der Praxis eher gering ausfallen: Fehlende Motivation aufseiten der Bürgergeld-Empfänger:innen wirkt sich letztendlich negativ auf das Arbeitsergebnis aus und könnte mehr schaden als nutzen. Essens Pläne sind daher sowohl rechtlich als auch praktisch nicht oder nur sehr schwer umsetzbar.
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