Das Jobcenter Hamburg lässt 30 Millionen Euro Fördermittel verfallen.

Jobcenter lassen Fördergelder für Langzeitarbeitslose verfallen

Viele soziale Einrichtungen klagen über Personalmangel. Suppenküchen, Umsonstläden und anderen Hilfsangeboten gehen die Beschäftigten aus. Das ist bundesweit so, auch in Hamburg. Das ist in gewissen Maß auch politisch so gewollt, denn der Bund hat für 2019 extra 4 Milliarden Euro bereitgestellt, um Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

Achtung: 30 Millionen Euro werden nicht genutzt

Mit dem Geld sollen Lohnzuschüsse gezahlt werden, damit Arbeitgeber aus der freien Wirtschaft eher Langzeitarbeitslose einstellen. Wie schlecht das bisher funktioniert, zeigt das Beispiel Hamburg. Das dortige Jobcenter droht bis Jahresende 30 Millionen Euro an Fördergeldern verfallen zu lassen – denn die Zuschüsse werden kaum abgerufen.

Sozialer Arbeitsmarkt als Auslaufmodell

Das alte Modell, um Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sah so aus: Soziale Beschäftigungsträger bekommen Geld vom Staat und bieten dafür Arbeitsplätze an, die Langzeitarbeitslose langsam wieder ans Arbeitsleben gewöhnen. Die Langzeitarbeitslosen bekommen dort Betreuung und können sich in einem geschützten Rahmen an die Arbeit gewöhnen.

Die Arbeit ist nicht so schwer wie in der freien Wirtschaft und es gibt nicht so viel Leistungsdruck. Nach einiger Zeit haben die Arbeitslosen sich wieder stabilisiert und genug gelernt, um auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden.

Teilhabechancengesetz sollte Weg in die Wirtschaft ebnen

Das Teilhabechancengesetz, das seit Januar 2019 gilt, sollte dieses Modell ablösen oder zumindest ergänzen. SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil wollte bis zu 150.000 Langzeitarbeitslose damit den Weg in Arbeit ebnen.

Nicht mehr in erster Linie soziale Beschäftigungsträger sollen jetzt geförderte Arbeitsplätze anbieten, sondern Langzeitarbeitslose sollten gleich in der freien Wirtschaft Arbeit finden. Arbeitgeber sollten geförderte Arbeitsplätze einrichten und dafür mehrere Jahre lang Zuschüsse oder die kompletten Lohnkosten vom Staat bekommen. 

Das Förderprogramm wirkt nicht

Der Effekt ist aber bisher vor allem dieser: Alte Förderprogramme für soziale Beschäftigungsträger laufen aus und Menschen, die zum Teil jahrelang für soziale Einrichtungen gearbeitet haben, stehen wieder vor dem beruflichen Nichts. Neue Arbeitsplätze für diese Menschen entstehen aber nicht – oder sie entstehen zumindest zu langsam, um die Menschen aufzufangen.

Warum genau das Ganze nicht funktioniert, lässt sich schwer sagen. Verschiedene Gründe können dafür angeführt werden:

  • Die Hürden sind so hoch, dass zu wenige Hartz 4-Empfänger für die Förderung infrage kommen.
  • Die Jobcenter unternehmen zu wenig, um Arbeitgeber für das Programm zu gewinnen. Arbeitgeber wissen gar nicht, dass es die Förderungen gibt.
  • Die offenen Stellen passen schlicht nicht zu Langzeitarbeitslosen. Die Arbeitgeber also auf der Suche nach Fachkräften und nicht nach Geringqualifizierten.

Schlechte Bilanz in Hamburg: Hundert Jobs verloren

Die Initiative SozialSTART.jetzt hat dazu jetzt Zahlen vorgelegt. In der Initiative haben sich 250 soziale Beschäftigungsträger aus ganz Deutschland zusammengeschlossen. Nach ihren Informationen sind seit Jahresbeginn in Hamburg rund 100 sozialversicherungspflichtige, geförderte Jobs ausgelaufen. Im Gegenzug sind kaum Jobs im neuen Programm an deren Stelle getreten.

Hinweis: Nur zwölf neue Jobs geschaffen

In der ganzen Stadt gab es bis Ende Mai nur zwölf neue geförderte Jobs in der freien Wirtschaft. Die 30 Millionen Euro, die das Jobcenter für die Förderung schon bekommen hat, verfallen Ende des Jahres, wenn sie nicht abgerufen werden. Das Geld geht dann zurück nach Berlin und landet nicht bei den Langzeitarbeitslosen, für die es bestimmt war.

BMAS und Jobcenter glauben an Startschwierigkeiten

Das Bundesministerium für Arbeit hält ganz normale Startschwierigkeiten für die Ursache. Neue Förderungen bräuchten immer eine gewisse Anlaufzeit. Mit der Zeit sei mit einem Aufbau der Teilnehmerzahlen zu rechnen. Eine Jobcenter-Sprecherin betonte außerdem, dass nicht die „Sicherung des Fortbestands der Beschäftigungsgesellschaften” im Interesse des Jobcenters sei, sondern die Vermittlung in die freie Wirtschaft.

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Geschrieben von: Dr. Philipp Hammerich

Er promovierte an der Universität Hamburg und arbeitet u.a. als Dozent und Gesellschafter für das juristische Repetitorium Hemmer sowie den Fachanwaltslehrgang und die Wirtschaftsprüferausbildung von econect. Als Mitgründer der Legal Tech Kanzlei rightmart und als Partneranwalt von hartz4widerspruch.de gibt er seine Einschätzung zu politischen und juristischen Entwicklungen im Bereich Bürgergeld.

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